Seit einem Zentralvenenverschluss wurde ein latentes Schielen auf dem linken Auge festgestellt (Alter 55 J.) Das Auge tränt ununterbrochen und leidet unter einem Spasmus, der in Richtung Nase "zieht". Jetzt wollte der Optiker rechts ein Prismenglas in die Brille einsetzen, da ich links bereits ein aniseikonisches Glas habe. Er meinte, es sei egal, auf welchem Auge das Prismenglas käme. Ist das richtig? Würde der Spasmus dadurch nicht noch schlimmer werden als er ohnehin schon ist? Und würden dann nicht beide Augen schielen?
21. September 2010 - 20:42
#1
Prismenglas für das nicht schielende Auge?
Es ist wirklich egal welches Auge das Prismenglas bekommt. Ob der Spasmus geringer wird? Zu Schmerzen kann es nach einer Thrombose noch Monate später kommen. Ist ihr Blutdruck gut eingestellt? Bekommen Sie noch Cortison? Ein Prismenglas kann ein Schielen nicht verschlimmern.
In allen Grenzen ist auch etwas Positives.
Immanuel Kant
Vielen Dank für die Antwort!
Wäre schön, wenn da noch jemand Rat weiß. Die Thrombose verursachte Gesichtsfeldausfälle und Mikropsie (Kleinersehen der abgebildeten Objekte auf der Netzhaut). Das Schielen hatte ich zwar sofort bemerkt, doch mir wurde keinen Glauben geschenkt und so wurde es nicht vermessen. Der Ziliarkörper, ein Muskel, der u. a. auch für die Akkomodation zuständig ist, muss anscheinend Dauerarbeit leisten um die unterschiedlichen Bilder beider Augen scharf zu stellen, und dabei verkrampft er.
Das ist alles ausgeheilt. Ich bekam die Thrombose nach einer schweren Hüft-OP. Blutdruck usw. ist optimal. Das ist leider alles kein Schutz vor Thromben.
Dann habe ich Hoffnung, dass mit einem Prismenglas das Chaos beim Sehen - vor allem beim Bewegungssehen - zu Ruhe kommt.Hallo Agnes,
bei einem Zentralvenenverschluß kommt es nun einmal zu Gesichtsfeldausfällen und zu Veränderungen dadurch beim beidäugigen Sehen. Denn zentral kann man mit dem betroffenen Auge nicht mehr fokusieren wenn ein Zentralskotom vorhanden ist. Dann muss man das Netzhautbild so legen (mit Prismen) das es nicht weiter stört. Da hilft keine MKH. Entsprechend der Gesichtsfeldausfälle sollte das Prisma so gelegt werden, das die Ausfälle nicht weiter bemerkbar sind.
Wie ist der Quick-Wert? Nehmen Sie weiterhin ASS oder Macumar?
In allen Grenzen ist auch etwas Positives.
Immanuel Kant
Nochmal herzlichen Dank für die Antwort!
Ja, es gibt mehrere Zentralskotome, die sich um eine kleine Lücke, wo ich hindurch schauen kann, gruppieren. Anfangs hatte ich sogar einen Visus von 1,0 auf dem erkrankten Auge, einen Witz bei derartigen Gesichtsfeldausfällen, mittlerweile bin ich bei 0,8 angelangt. Dennoch, obwohl ich es zigmal beim AA (mehrere!) erwähnt habe, hat keiner dem Phänomen des "Verspringens von Objekten zur Seite und nach hinten" Aufmerksamkeit geschenkt. Der Optiker hat das Prisma so gelegt, dass ich ruhig und entspannt sehen konnte. Eine neue Brille ist bestellt. Ob es noch so sein wird, wenn ich die Prismenbrille bekomme, mus ich abwarten. Es wäre die siebte nach dem ZVV.
Habe ich nicht zur Hand, aber war alles im grünen Bereich. Ich nehme ASS. Ich war zur Nachuntersuchung in einer großer Universitätsklinik bei einem bekannten Netzhautspezialisten. Er bescheinigte mir einen äußerst günstigen Verlauf - trotz zahlreicher Skotome - der Krankheit. Der Netzhaut kann man (OCT; FAG) der Geschichte nicht einmal mehr ansehen.
Da ist trotzdem was im OCT und der FAG zu sehen, sonst gäbe es die Zentralskotome nicht und das Verschieben der Bilder und die Mikropsie.
Mindestens im OCT ist eine Pigmentepithelverschiebung da und im FAG ist der Verschluß an den zentralen oder peripheren Gefäßen erkennbar. Wenn nämlich alles ok war, dann gibt es doch keinen Grund für die Sehbeschwerden.
In allen Grenzen ist auch etwas Positives.
Immanuel Kant
Hallo agnes,
Du darfst AgnesMaria wirklich vertrauen, gerade auch in medizinischen Aussagen, ich lerne viel von ihr.
Außerdem habe ich den Eindruck, dass Du auch augenoptisch in guten Händen bist, denn Versorgungsorte mit Aniseikoniegläsern und prismatisch definierten Werten kann man auf der deutschen Landkarte mit einer Lupe suchen. So selten sind sie.
Viele Grüße:
Paul-Gerhard Mosch (PGM)
@ AgnesMaria
Das kommt davon, wenn man auf "die Schnelle" antwortet. Ich habe es natürlich schlecht formuliert. Klar, sind die Umgehungsgefäße auf der Netzhaut zu sehen. Das alleine zeugt schon davon, was passiert ist. Doch die Umgehunsgefäße sind stabil und lecken nicht mehr, also kein Ödem. Und es sind keine Blutungen mehr zu sehen, also keine Stauung. Außerdem ist die Durchblutung stabil. Der Schaden, der entstanden ist, ist natürlich irreversibel.
@ Paul-Gerhard Mosch
Das sieht nur auf den ersten Blick so aus. Ich habe die "augenoptische Versorgung" selbst in die Hände genommen. Anderthalb Jahre habe ich nach diesem Glas gesucht, meinen Arzt gefragt, gegoogelt, meinem Optiker mit Information zu "Aniseikonie" versorgt. Er kannte diesen Begriff nicht einmal. Doch er informierte sich, wollte mir helfen und hat nichts unversucht gelassen. Er kontaktierte einen Brillenglashersteller nach dem anderen, doch vergeblich! Als ich schon fast aufgegeben hatte, stieß ich im Internet auf einen Optiker für Sehbehinderung. Und siehe da! Er verhalf mir zu einer Brille mit aniseikonischem Glas. Das war bereits meine sechste Brille (Brillenglaswechsel) nach der Thrombose!!! Parallel dazu hatte ich sowohl beim Arzt als auch bei beiden Optikern berichtet, dass Objekte, wenn ich sie mit dem kranken Auge anschaue, "nach hinten und zur Seite" springen, dass ich das Gefühl hätte, ich würde schielen. Jetzt, nach anderthalb Jahren, wurde es endlich vermessen... und es wurde ein latentes Schielen festgestellt. Ein Prismenglas wurde in Auftrag gegeben. Noch habe ich das neue Glas nicht, noch weiß ich nicht ob es mit der Korrektur klappen wird. Aber ich hoffe... Ich muss dazu sagen, dass ich bis zu der Erkrankung in Sachen "Brille" völlig unerfahren war, bis dahin hatte ich lediglich eine Lesebrille benötigt, hatte auch von "latentem Schielen" noch nie gehört. Doch was AgnesMaria im ersten Beitrag zu dem Problem des Fokussierens mit dem kranken Auge sagte, das hat mich sofort überzeugt! Sie hat vermutlich den sprichwörtlichen "Nagel auf dem Kopf getroffen"... Ich kann zwar mit dem Auge noch fokussieren, doch nicht mehr ausreichend.
Nochmals vielen Dank an beide!
Liebe Agnes,
selbstverständlich ist nach gewisser Zeit kein Ödem mehr vorhanden. Der Verschluß liegt häufig in der Lamina crebrosa des Nervus opticus. Betroffen sind mehrhaltig Patienten jenseits des 50. Lbj. die Gefäßschädigungen aufweisen. Neovaskularisationen sind bei Ihnen, liebe Agnes, schon vorhanden und eine Ischämie. Das muss immer sehr engmaschig nachkontrolliert werden, nicht das Neovaskularisationen an z.B. der Iris entstehen und ein Sekundärglaukom verursachen. Gut, das die Perfusion wieder normal scheint.
Ich drücke die Daumen, dass das mit dem Prismenglas klappt.
LG
A.M.
In allen Grenzen ist auch etwas Positives.
Immanuel Kant
Jetzt habe ich meine neue "Prismenbrille". Direkt nachdem ich die neue Brille aufgesetzt hatte, war ich begeistert! Ich konnte sofort damit loslaufen, mir war zwar ein wenig schwindelig, doch das war nach ca. zwei Std vorbei. Vor allem geometrische Muster (Parkettfußboden, Fliesen, etc.) sahen scheinbar wieder normal aus. 24 Std später jedoch relativierte sich der anfängliche optimistische Eindruck ein wenig
Noch mal zur Erinnerung: ich habe links (Zentralvenenverschluss, zentrale Skotome, Visus 0,8 ) ein aniseikonisches Glas mit einer Vergrößerung von 6%. Die Mikropsie beträgt geschätzte 12%, doch aufgrund des sehr dicken Glases (bei 10%iger Vergrößerung -> Glasdicke 10,5 mm) hatte ich mich für die dünnere Variante entschieden in der Hoffnung, dass das Gehirn in der Lage sei die Differenz auszugleichen. Mit dem Glas gab es zwar eine Verbesserung, doch das Problem mit dem "Chaos im Sehzentrum" war leider nicht beseitigt. Daraufhin wurde endlich festgestellt, dass das Auge mit dem Zentralvenenverschluss nicht mehr ausreichend fixieren kann und schielt. Gemessen wurde einen Wert von 2 dpt. Daraufhin bekam ich rechts ein Prismenglas. Das Ergebnis: wieder eine auffällige Verbesserung. Darüber bin ich nach fast zwei Jahren sehr glücklich.
Was für mich aber sehr schwer festzustellen ist, ist die Frage, ob das jetzt das Optimalste ist, was ich erwarten kann? Ich habe nun mal beachtliche Schäden. Nach wie vor habe ich noch ein "Chaos im Zentrum": z. B. Gesichter erscheinen mir noch immer verzerrt, wenn auch deutlich weniger, im Gehen kann ich immer noch schwer ein Hinweisschild in einiger Entfernung lesen, ohne stehenbleiben zu müssen. Bleibe ich stehen und betrachte das Schild konzentriert, dann scheint es als ob sich die Wörter "entzerren" und sich die Buchstaben "ordnen". Buchstaben am Bildschirm haben noch einen kleinen Schatten, Videotext im Fernsehen schon einen größeren (hat eventuell mit der Entfernung zu tun?)... Das ist alles zwar viel besser geworden, aber ist das wirklich die Grenze des Machbaren? Vielleicht ist das Gehirn doch nicht in der Lage, die nicht vollständig korrigierte Aniseikonie auszugleichen? Die unterschiedliche Bildgröße wurde nur geschätzt durch Einschieben eines Glases mit entsprechender Vergrößerung in die Messbrille. Ich musste dann berichten ob es besser wurde. Das ist äußerst schwierig zu beantworten, wenn man nur auf Zahlen schaut. Gibt es da keine andere Messmethode?
Meine "neue" Augenärztin meinte noch, ich würde gar nicht schielen und riet mir zu einer Augenklappe. Ich war so perplex darüber, dass ich gar nicht mehr darauf geantwortet habe. Das Auge hat ja einen Visus von 0,8, es schaut nur nicht mehr in die Richtung, wie ich es gerne hätte. Wenn ich das geschädigte Auge verschließe, dann finde ich mich überhaupt nicht zurecht! Sollte man es wirklich hinter einer Klappe verbannen?
Für hilfreiche Tipps, wie immer, sehr dankbar!
agnes
Ob es das Optimale ist, liebe Agnes, das kann niemand sagen. Ob man das latente Schielen, die Gesichtsfelddefekte und die Aniseikonie voll korrigiert hat?
Ich möchte Ihnen ein Buch nahebringen. Vor 30 Jahren schieb Oliver Sacks "Der Mann der seine Frau mit einem Hut verwechselte". Sacks ist ein brillanter Geschichtenerzähler, der Wissenschaft in Poesie verwandelt. Er schreibt hier über einen Mann der durch einen Schaden in der rechten Gehirnhälfte einer visuellen Agnosie ausgesetzt ist, die er mit dem Ersatz des Gesichtes seiner Frau tapfer begegnete.
Zitat:
Meist ergänzt das neue Wissen nur das alte. Sacks gibt dafür in seinem Buch etwa das schöne Beispiel der menschlichen Eigenwahrnehmung. Deren Mechanismen und Steuerfunktionen »bergen noch immer viele Geheimnisse«, schreibt Sacks, dabei habe die Wissenschaft im Grundsatz seit den neunziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts kapiert: »Wir haben fünf Sinne, die wir leicht identifizieren können und auf die wir uns mit einem gewissen Stolz verlassen. Auf sie gründet sich unser Verständnis der sinnlich faßbaren Welt. Aber es gibt noch andere Sinne – verborgene Sinne, ›sechste Sinne‹ –, die ebenso lebenswichtig, aber praktisch unbekannt sind.
Er nennt seine Patienten " Reisende, unterwegs in unvorstellbare Länder – Länder, von deren Existenz wir sonst nichts wüßten". Sie werden sich in einigen solcher Beispiele widererkennen.
Es ist also nicht das Sehen allgemein, sondern was unser Gehirn daraus macht.
LG
A.M.
In allen Grenzen ist auch etwas Positives.
Immanuel Kant
Das sehe ich genau so! Keiner wird Dir sagen können, wie gut Dein Korrektionszustand ist. Deshalb sind weitere Aussagen sehr schwierig. Du kannst es nur so machen, dass Du Dir auch in Zukunft dann andere Berater suchst, wenn Du davon ausgehen musst, entweder nicht verstanden worden zu sein, oder Dir jemand entweder Aniseikonie-, oder Prismenkorrektion nicht oder nicht funktionell sauberer anbietet, wie deine jetzigen Berater.
Augenklappe zu empfehlen, ist eindeutig! - Fertig.
Viele Grüße:
Paul-Gerhard Mosch (PGM)