Hallo liebes Optometrie Forum,
Ich bin momentan in einer sehr unangenehmen Lage und habe große Angst um mein Sehvermögen und meine Zukunft.
Ich versuche die Situation so gut wie ich sie als Patient verstehe zu erklären.
Ich (m23) habe seit 4 monaten nach der Geburt alternierende esotropie. Im Kindesalter wurde ich nicht operiert, aber durch abdeckung eines Auges konnte eine starke Amblyopie vermieden werden.
Mein Schielwinkel war sehr Groß aber recht konstant. Meine erste OP hab ich 2022 mit 21 Jahren im LMU in München machen lassen. Da ich akkomodativ schiele, wurde mir auch eine Brille verschrieben. Die OP verlief super und 1 Monat nach der OP hatte ich keine Doppelbilder oder andere Beschwerden mehr. Nur ein rest Schielwinkel war noch vorhanden, da der ursprüngliche Winkel so groß war, dass nicht alles in einer OP korrigiert werden konnte.
Ich bin dann Berufs bedingt nach Österreich gezogen und habe mich dort in der Salzburger Uniklinik in Behandlung gegeben für eine potenziell zweite OP um den Restwinkel zu korrigieren.
Hier wurden wieder alle möglichen Tests gemacht, keine stereopsis, kein Fusionspotenzial (Ich sollte einen Vogel in einen Käfig schieben aber ich konnte immer nur eins der beiden Bilder wahrnehmen bzw es ist einfach drüber gesprungen), beim Prismen Test vor der OP hatte ich Doppelbilder in dem Winkel der Operiert werden sollte. Diese hattte ich aber vor der ersten OP auch beim Prismen Test und da verlief alles super, das teilte ich den Ärzten auch mit. Auch hier wurde wieder vor der OP die maximale + Dioptrien rausgeholt die ich toleriere um die akkomodation zu berücksichtigen. Hierbei wurde meine Hornhautverkrümmung auf dem Linken Auge aber leicht falsch gemessen, was mich nicht gestört hat, da ich eh rechts fixiert habe meistens. Ich teilte den Ärzten aber auch mit, dass mein Auge sich nicht dran gewöhnt uns sie meinten, das braucht einfach Zeit. Bis zur Op hatte sich mein Auge trotzdem nicht dran gewöhnt, ich weiß aber nicht ob das zu meinem Problem überhaupt relevant ist aber dazu gleich mehr.
Also wurde ich ein zweites mal operiert, diesmal am Linken Auge, und das Ergebnis war vorerst super. Meine Wunde ist besser verheilt als bei der ersten OP und die Augen waren optisch sehr schön gerade. 1 Grad Esotropie war noch übrig und 3 grad hypertropie, die Hypertropie wurde nie operiert, weil Winkel zu klein. Für mich auch nicht schlimm, ich war super happy mit dem Ergebnis.
1 Monat nach der OP hatte ich auch diesmal keine Doppelbilder mehr, und konnte wie erwartet wieder Sport machen, surfen, Urlaub etc.
10 Wochen nach der OP hat es mich dann aber schon etwas genervt, dass die Hornhautverkrümmung auf dem Linken Auge meine Sicht verschwommen hat. Somit habe ich einen Sehtest bei Fielmann gemacht und die passende Sehstärke als neues Glas bestellt links. Hier die Werte:
Verordnete Fernbrille der Augenklinik (08.01.2024)
RA: +3,75 sph -1 cyl 105 Achse
LA: +2,75 sph -0,25 cyl 20 Achse
Fernbrille von Fielmann (14.04.2024)
RA: +3,75 sph -1 cyl 105 Achse
LA: +2,75 sph -1,25 cyl 166 Achse
Sobald ich diese angezogen habe, merkte ich, dass ich minimal mehr damit schiele, was mich nicht wirklich gestört hat und ich war froh dann Links auch gut sehen zu können.
Über den nächsten Monat merkte ich jedoch schleichend immer mal wieder Doppelbilder, die mich aber noch nicht ernst gestört haben. Mitte Mai hatte ich dann die 3 Monatige Nachuntersuchung und Dort wurde mir klar, dass ich wirklich Doppelbilder habe. Die Ärzte haben mir empfohlen die alte von ihnen verordnete Brille wieder zu benutzen. Diese bestellte ich direkt bei Fielmann wieder neu und trage diese seitdem wieder. Doch es hat sich nichts verändert und seit der Nachuntersuchung sind die Doppelbilder nur noch schlimmer geworden und sind jetzt nicht mehr zu ignorieren, auch gesichter etc. Alles was ich fokussiere ist doppelt. Je nach Blickrichtung auch in unterschiedliche richtungen, oben unten rechts links.
Letzte Woche habe ich dann wieder einen Termin gehabt und es wurde mit Prismen getestet, keine Fusion möglich, nicht mal im kompletten geradeaus blick. Ein Extra starkes Glas wurde mir auch vor das linke Auge gelegt, konnte ich trotzdem nicht unterdrücken. Es scheint so als hätte ich einfach meine Suppression verloren. Die Oberärztin hat mir eine PC/Lesebrille verschrieben und gesagt ich solls mal damit probieren um meine Augenmuskeln zu entspannen + eine Mattfolie falls es mir zu viel wird. Neuer Termin in 3 Monaten um zu sehen obs was gebracht hat. Ich kann mich aber jederzeit melden falls was ist. Hab ich auch zwei Tage danach und ich hab ihr emotional gesagt dass ich denke, dass ich meine Suppression verloren habe und ja Fusion auch nicht möglich wäre und mich das mit permanenten Doppelbildern hinterlassen würde. Sie meinte, je mehr ich mich drauf konzentriere desto schlimmer werden sie, also soll ich einfach Nah Arbeit meiden und mich entspannen so gut es geht. Das macht doch gar keinen Sinn, Ich habe die Doppelbilder auch auf jede Entfernung und das weiß sie auch.
Ich habe das Gefühl, dass der Ernst der Lage nicht verstanden wird, oder verstehe ich es falsch? Ich kann mich bei der Arbeit nicht konzentrieren, habe starke Existenzängste weil ich fürchte dass das für immer bleibt und bin jetzt ratlos was ich tun soll.
Ich recherchiere jeden Tag darüber und habe das Gefühl, dass es nicht gut aussieht für mich. Anscheinend habe ich echt Horror Fusionis, ich verstehe bloß nicht, warum es 2 Monate nach erfolgreicher OP plötzlich Anfängt und ich meine Suppression verliere. Das kann doch nicht nur an der leicht underschiedlichen Brille liegen? Vorallem ich trag sie ja jetzt wieder und es ändert auch nichts.
Ich habe heute eine Mail geschrieben an die LMU in München und mein Problem kurz zusammengefasst und nach einer zweiten Meinung gebeten. Das Problem ist, dass ich in Deutschland eben gar nicht mehr versichert bin da ich ja jetzt in Österreich wohne.
Ich habe jetzt im Forum schon mehrere Diskussionen über Horror Fusionis gefunden und anscheinend spielt es jetzt zeitlich auch eine Rolle wie schnell gehandelt wird, weil es ja bei mir erst vor 2 Monaten angefangen hat. Deswegen brauche ich unbedingt Hilfe und Rat, was ich tun kann oder wo ich mich melden kann um schnell Hilfe von jemandem zu bekommen der sich damit wirklich auskennt.
Ich will nicht später bereuen müssen, dass ich nicht alles versucht hätte. Meine Augenfunktion ist mir so wichtig, ich brauche unbedingt Hilfe von der richtigen Stelle aber ich weiß einfach nicht wo und hab in anderen Diskussionen darüber auch gelesen, dass viele Ärzte darüber Planlos seien.
Ich hoffe ihr könnt mir irgendwie weiterhelfen und wenn es nur ein guter Rat ist.
Danke im Voraus.
Nun wir konnten gestern Abend miteinander über WhatsApp in Verbindung treten. Und hier das Thema für alle zugängig machen.
Ich habe auf ein Skript hingewiesen, was auf der Seite der www.IVBS.org einsehbar ist. Hier der Link:
In dieser Arbeit wurden allerdings keine Fälle mit "beständigen Doppelbildern" (Horror Fusionis) integriert. Der Vortrag wurde 1997 auf der 10. Fachtagung der damaligen IVBV (heute IVBS) gehalten und fand ein starkes Echo. Damals war ich unter den Teilnehmern. In meinem augenoptischen beruflichen Alltag hat dieser Vortrag später eine sehr entscheidende Rolle gespielt. In Verbindung mit der Neurologischen Rehaklinik in Hilchenbach konnte ich dort über Jahre Patienten mit "Doppelbildern" zugewiesen bekommen und im Rahmen der ambulanten Rehabilitation & Nachsorge augenoptisch versorgen. Für mich als medizinischem Laien tat sich ein reiches Erfahrungsumfeld auf, was mir verdeutlichte, wie häufig man mit augenoptischen Methoden diesen sehr unterschiedlich gelagerten Entstehungshintergründen, vielfach sehr entscheidend zuhilfe kommen konnte. Dabei waren frühkindliche Schielfälle, bei denen ein frisches neurologisches Ereignis (z.B. Schlaganfall) die bislang lebenslange einäugige Suppression (Hemmung) eines Seheindruckes nicht mehr ünterdrücken konnten. Infolge des aktuell neuen Ereigniszustandes gelang es interessanter Weise gar nicht selten, durch prismatische Korrektionsschritte ein Einfachsehen herzustellen. Die dabei gemachten Erfahrungen, konnten darüber hinaus selbst bei Lähmungskomponnten zu Verbesserungen, zumindest im zentralem Gesichtsfeld für die Fern- und die Nahsicht genutzt werden. Hier erwiesen sich die Vorzüge der Messtechnik der MKH von unschätzbarem Wert. Leider werden Sie bis heute viel zu selten, und oft sogar leider zu nachlässig, gehandhabt (Kriterien: Helligkeit im Prüfraum, keine fremden fusionalen Reize im Bereich des Sehtestumfeldes, Testdarbietung auf die Ferne und in der Nähe, evtl. plus Arbeits-Abstand! usw.). Für den erfahrenen Anwender zeigt sich hier ein Aufgabengebiet, was auch vor Fällen wie dem Horror fusionis nicht zurückschrecken muss. Erstens gibt es hier kaum ein Hilfsangebot, außer dem Ausschalten eines Seheindrucks. Zweitens, hier ist die Unterdrückung des zweiten Seheindruckes ausgefallen. Jetzt gilt es unter der Kenntnis von subnormalem Sehen, die Sehverarbeitung so zu gestalten, dass ein Einfachsehen ermöglicht wird. Dabei kann es hier ein Fehler sein, Prismenfolien einzusetzen, da diese die Klarheit der Bilder beeinträchtigen. Der unsaubere Bildeindruck über die Folienkorrektion ist scheinbar in der Lage, eine Verschmelzung der Seheindrücke zu verhindern (erlebter Einzelfall!). Ganz wichtig ist es alle Sehbereiche (Ferne, Arbeitsbereiche und die Nähe) zu ordnen. Bei unterschiedlichen prismatischen Bedingungen evtl. durch Clip-on Vorhänger, und andere Massnahmen.
In jedem Fall wäre auch hier die Zusammenarbeit mit einer ophtalmologischen Augenarztpraxis sehr wertvoll. Natürlich wäre eine entsprechende Aufarbeitung in einer solchen Praxis selbst, ganz sicher auch zielführend. Wenn man dort die Besonderheiten der MKH nicht belächelnd ignoriert oder gar bekämpft hätte. Dabei ist bekannt, dass die MKH-Teste zur Messung von Heterophorien entwickelt worden sind. Ihr zusätzlicher Nutzen in der Korrektion bei Strabismen wird aber dem erfahrenen Anpasser sehr schnell offenbar.
Hier die neu überarbeiteten Richtlinien der MKH:
https://www.ivbs.org/fileadmin/user_upload/dateien/MKH-Richtlinien/MKH-R...
Natürlich ist dies in jeder Fall, wie bei allen Tropien, ein Einzelfall, in denen subnormales Fixieren, falsch geprägte Panum-Areale etc. zunächst erkannt und dann mit abgearbeitet werden müssen. Hier ist zunächst teils >der Weg< das Ziel. Ich finde dies aber eindeutig sinnvoller, als alle Abschottungsmassnahmen (wie Mattfolien, Occlusionspflaster, -CL etc.). Hier im Forum gibt es noch weitere krasse Verhinderungswege für Doppelbilder (Sehnervdurchtrennung / Glasauge). Das muss ein absolutes Ausnahmekriterium sein und bleiben.
Soviel zunächst, ich hoffe, auf ein gutes Gelingen des aufgezeigten Weges!
Viele Grüße:
Paul-Gerhard Mosch (PGM)