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Bild des Benutzers Dieter
Verbunden: 25. September 2006 - 9:38
Ethos, Können, Selbstverständnis und Profit

Ich wollte zu Merlins Artikel über LASIK einen Beitrag schreiben, leider war die Diskussion da schon geschlossen. Mir geht es aber gar nicht so sehr um diesen Artikel selbst, sondern um die daraus entstandene Diskussion und die gezeigten Empfindlichkeiten.
Empfindlichkeit wegen persönlicher Diskreditierung halte ich immer für berechtigt. Wenn sich jemand aber stellvertretend für einen Berufsstand diskreditiert fühlt, dann stellen sich mir doch etliche Fragen zu Ethos, Können, Selbstverständnis und Profit, wie ich sie zu Merlins Artikel wie folgt formuliert hatte

Mein Eindruck von Merlins Artikel zu LASIK war zuerst auch, dass die LASIK positiv dargestellt würde, dann fragte ich mich, was will uns Merlin damit sagen und ich hätte mir eine klare Wertung gewünscht. Aber dann überlegte ich, wenn 5% aller Reparaturen an der Bremsanlage eines Autos nachgebessert werden müssten? Eine Katastrophe!

Zu einer Behandlung an der HWS sagte mir vor etlichen Jahren ein Arzt „über die Risiken wollen Sie sicher nicht informiert werden“. Ich aber wollte und erfuhr von einem Risiko von 150000 (0,002%!) einer Lähmung. Das klang verschwindend klein und ich ließ mich behandeln. Heute schätze ich diese Methode als kriminell ein, obwohl sie weiter praktiziert wird.
Vor einigen Jahren wollte mir ein allgemein anerkannter Spezialist für Hand-Chirurgie unbedingt meine unerklärbar geschwollene linke Hand operieren und das bei einem ähnlich hohen Risiko der Lähmung der Hand. Vom CTG gab es nur den Befund eines atypischen Hämatoms. Diesmal sagte ich nein danke. Zwei Wochen später verschwand die Schwellung für immer.
Gerade habe ich im Fernsehen gehört, dass das Risiko sich im (deutschen) Krankenhaus mit multiresistenten Keimen zu infizieren höher ist, als sich mit AIDS zu infizieren. Auf die Ursachen möchte ich hier gar nicht eingehen aber wer warnt mich vor hemmungslosem oder ungeschütztem Aufenthalt (als Patient) in einem Krankenhaus? Soviel zu Risiken!

Fakt ist, wir (alle) Menschen sind unzulänglich - mehr oder weniger. Das reicht von skrupellos, fahrlässig, unfähig bis zu das Beste geben, es gut, sehr gut oder perfekt machen. Menschen (nicht Götter) gibt es zwangsläufig in allen Berufen, also auch unter den Ärzten. Der Unterschied ist nur, ob ein gemachter Fehler behoben werden kann, „nur“ Geld kostet oder ein Leben damit ruiniert wird. Insofern ist nur die Verantwortung und Konsequenz sehr unterschiedlich.

Eine verallgemeinert formulierte Kritik an einem (beliebigen) Berufsstand drückt umgangssprachlich nur aus, dass es in diesem Berufsstand die Menschen gibt, wie ich es zuvor erklärt habe. Kritische Angehörige jeden Berufsstandes würden sich (wie ich in meinem Beruf) nicht persönlich angegriffen fühlen, sondern der Kritik sogar grundsätzlich beipflichten. „Grundsätzlich“ meine ich juristisch, nämlich im Grundsatz - von dem es (Gott sei Dank) die Ausnahmen gibt, die es (trotzdem) mal weniger, mal mehr oder auch sehr gut machen.
Ich kann immer nur hoffen, überwiegend die Richtigen zu finden und da danke ich jedem, der mir den entscheidenden Hinweis gibt.

Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00

Nichts ist für mich schwieriger, als Arzt zu sein.

Man entscheidet über Gesundheit, oder Krankheit, verschreibt Medikamente, und muss sich Absichern über Wirkungen und Nebenwirkungen und die Kasse steht schon hinter einem und verlangt dann Regreß.

Man ist Unternehmer und das finde ich am schlimmsten. Wenn man nicht aufpasst, muss die Praxis aufgelöst werden.

Der Druck ist so imens man ist Mediziner und Handwerker, Psychologe und Psychtherapeut, Lebensberater und Beichtvater, Pharmakologe und dabei immer nur Mensch.

Menschen machen Fehler. Nicht absichtlich. Manche Fehlentscheidungen hätten verhindert werden können, wenn man es gewußt hätte.

Weiterbildung ist eine grundsätzliche Pflicht, aber das Arbeitspensum ist so umfangreich. Wann soll man sich weiterbilden? Schwierig.

Manchmal wünsche ich mir ehrlich weniger zu tun zu haben. Dann sieht man das Personal und denkt, du kannst nicht so egoistisch sein. Die wollen für Ihre Arbeit auch ihr Geld. Und dabei zahlen die Kassen extrem wenig.

Eine gute Medizin anzubieten unter diesen Bedingungen ist ein Spagat der nicht immer gelingt. Ich würde gern noch besser arbeiten.

Deswegen ist man doch persönlich betroffen über die Kritik an einem Berufstand den man angehört.

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant

Bild des Benutzers Kerstin Harms
Verbunden: 10. April 2002 - 0:00

Ich denke, ich sage nichts Neues, wenn ich anmerke, dass es im JEDEM Berufsstand solche und solche gibt. Bis ein Medizinstudent Arzt ist, dauert es sehr lange. Der Weg dahin ist äußerst schlecht bezahlt....da verdient eine leitende Stationsschwester mit ihren Nachtzulagen mehr! Und dann ist da immer noch die Frage, welchen Weg schlägt der fertige Arzt dann ein?

1. Landarztpraxis? Dann hat er am 15. des zweiten Monats eines Quartals sein Budget verbraucht und zahlt für die Behandlung seiner Patienten aus eigener Tasche dazu. Was er für seine Leistungen abrechnen darf, ist teilweise ein lächerlicher Betrag. Aber Er ist meist der Seelendoktor für seine Patienten - und die Gespräche werden gar nicht vergütet. Er ist dankbar für jeden Privatpatienten, den er noch hat, denn über die kann er seine Kassenpatienten mitfinanzieren.

2. Arzt im Krankenhaus im Angestelltenverhältnis. Auch nicht so prickelnd, weder von der Bezahlung, noch von den Arbeitszeiten. Nicht umsonst wandern die jungen Docs lieber nach England ab, wo sie besser bezahlt werden.

3. Schönheitschirurg mit eigener florierender Praxis und vielen zahlungsrkäftigen Privatpatienten? (Lasik zahlt die Kasse auch nicht, übrigens....). Zu dem Thema brauche ich, glaube ich, nichts zu schreiben...anstelle des Schönheitschirurgen kann man auch andere Spezialgebiete setzen.

Ich selber durfte zum Glück erfahren, dass es wirklich auch noch den Menschen hinter dem weißen Kittel gibt, und dafür bin ich sehr, sehr dankbar.

LG
Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!

Bild des Benutzers Gika
Verbunden: 26. März 2004 - 0:00

Hallo Dieter,

1.


Eine verallgemeinert formulierte Kritik an einem (beliebigen) Berufsstand drückt umgangssprachlich nur aus, dass es in diesem Berufsstand die Menschen gibt, wie ich es zuvor erklärt habe.

Also diese Auslegung ist doch etwas gewagt.

Dann könnte ich, weil ich glaube zu wissen, dass irgendein ein Optiker so handelt, hergehen, und behaupten, dass alle Optiker Abzocker sind und dem Kunden nicht die für ihn besten Gläser, sondern die teuersten Gläser verkaufen (Nur um Missverständnissen vorzubeugen, ICH behaupte das nicht, dass ist ein Beispiel).

Ich habe hier auf dieser Seite bei solchen verallgemeinerten negativen Behauptungen gegen Optiker schon oft einen Aufschrei gehört, der meist in der Löschung des Beitrages endete! (ein nicht gelöschtes Beispiel, wo eine solche Verallgemeinerung auch als Beleidigung aufgefasst wurde)

http://optometrieonline.de/component/option,com_joomlaboard/Itemid,64/fu...

Warum wohl hat man da wohl (zurecht!) so empfindlich reagiert? Weil man es so verstehen muss, wie Du beschreibst?

2.


Kritische Angehörige jeden Berufsstandes würden sich (wie ich in meinem Beruf) nicht persönlich angegriffen fühlen, sondern der Kritik sogar grundsätzlich beipflichten. „Grundsätzlich“ meine ich juristisch, nämlich im Grundsatz - von dem es (Gott sei Dank) die Ausnahmen gibt, die es (trotzdem) mal weniger, mal mehr oder auch sehr gut machen.

Ich gebe Dir insoweit recht, dass jeder kritische Angehörige einer Berufsgruppe, sich sicher nicht beleidigt fühlen würde, wenn – auch deutlich – darauf hingewiesen wird, dass es Vertreter gibt, die absolut verantwortungslos und unmoralisch handeln, Fehler machen o.ä.! Und dieser Kritik (so sie denn zuträfe) würde ein kritischer, aber ehrlicher Vertreter nicht nur grundsätzlich sondern absolut beipflichten und wahrscheinlich selbst entsprechende Kritik üben!

Auch hier Die Verallgemeinerung macht es zu Beleidigung, nicht der Hinweis auf die Tatsache.

3.

Ich gebe Dir auch recht, dass die Frage, ob „Profitgier“ bei bestimmten Behandlungsmethoden in besonderem Maße im Raum steht, sicher nicht diskreditierend ist.

Und je weniger eine Behandlung medizinisch notwendig ist, desto kritischer wird man sich fragen müssen, warum diese Behandlung durchgeführt wird und ob da nicht doch auch eine gewisse „Profitgier“ mitspielt.

Die LASIK ist hier nur ein Beispiel, Schönheits-Ops wären ein anderes.

Und jeder kritische Arzt wird verstehen, dass der Vorwurf der Profitgier im Raum steht, wenn nicht sorgfältig abgewogen wird und eigentlich jeder Patient – möglichst nur mit einer Minimalaufklärung, „das und das kann mit einer Wahrscheinlichkeit von .... passieren“ – behandelt wird.
Abgewogen nicht nur im Hinblick auf das bestehende Risiko (was ja auch nicht ausgeschlossen werden kann, wenn die OP unter medizinisch vertretbaren Voraussetzungen und nach allen Regeln der medizinischen Kunst durchgeführt wird), sondern auch im Hinblick darauf, ob der Leidensdruck bei dem Patienten so groß ist, dass das Risiko des medizinisch nicht notwendigen Eingriffs, im Verhältnis zum Nutzen steht.

Solche kritischen Ärzte werden sich diese Frage selber stellen und immer wieder von neuem diesen „schmalen Grad“ abwägen.
Sie fühlen sich sicher nicht diskreditiert, wenn diese Frage - vielleicht auch in etwas allgemeinerer - Form aufgeworfen wird und auch dann nicht, wenn jemand (sachlich) zu dem Ergebnis gelangt, dass solche medizinisch nicht notwendigen Behandlungen unethisch sind.

4.

Wenn aber nicht nur diese ethische Frage im Raum steht, ob eine (nach den Regeln der medizinischen Kunst durchgeführte), medizinisch nicht notwendige Behandlung eher dem Profit oder der „Heilung“ dient, sondern zusätzlich öffentlich verallgemeinernd behauptet wird, dass die meisten Ärzte auch die Regeln der medizinischen Kunst bewusst missachten, um noch mehr Profit zu machen, dann wird sich auch ein kritischer Vertreter seiner Zunft, der die grundsätzlichen Bedenken medizinisch nicht notwendiger Behandlungen teilt, diskreditiert fühlen.

Und genau das ist gesagt worden! Merlin hat (mit anderen Worten) nicht in dem Artikel, (sondern in einem Post) gesagt

Es ist medizinisch vertretbar, dass bis zu einer Hornhautdicke von 520 Mikrometer operiert wird (auch wenn da das „natürliche“ Restrisiko besteht).

Bei einer dünneren Hornhaut ist es medizinisch objektiv nicht mehr vertretbar , eine LASIK durchzuführen.
Dennoch ignorieren die allermeisten Ärzte diese (objektive) Unvertretbarkeit, täuschen – in Kenntnis der wahrscheinlichen Folgen – vor, dass eine niedrigere Hornhautdichte ausreicht und führen eine LASIK durch, nur um mehr Geld zu machen und sich „ihren Mercedes vor die Tür stellen zu können“.

In einer weiteren Antwort an Jan setzt er noch einen drauf und weitet diesen Vorwurf, dass Ärzte aus reiner Profitgier medizinisch unvertretbar behandeln, dann sogar auf alle Ärzte aus.

Und DIESER Vorwurf ist und bleibt in dieser VERALLGEMEINERUNG diskreditierend und diffamierend.

Und über einen solchen Vorwurf würden auch viele durchaus kritische Vertreter ihrer Berufsgruppe nicht ohne weiteres hinweggehen.

Denn das hat mit dem ethischen Sinn und Nutzen der LASIK oder anderen Ethikfragen im medizinischen Bereich nichts mehr zu tun!

LG Gika Smile

P.S. Nur um Missverständnissen vorzubeugen. Ich bin nicht aus dem medizinischen Bereich und habe da auch keine nahen Angehörigen o.ä. Persönlich bin ich von dem Post nicht einmal im entferntesten tangiert! Trotzdem verstehe ich eine solche Verallgemeinerung als Beleidigung der Betroffenen - ohne eigene Empfindlichkeiten!

Ein wirklich erwachsener Mensch hat Kindlichkeit nicht abgelegt, sondern sie auf einer höheren Ebene wiedererlangt (David Steindl-Rast)

Bild des Benutzers Dieter
Verbunden: 25. September 2006 - 9:38

Durch meinen eher philosophisch gemeinten Beitrag dachte ich "mit Öl die Wogen zu glätten"; nicht ahnend, dass ich damit "Öl ins Feuer goß".

Ich gelobe, das kostbare Olivenöl künftig nur für meinen "eigenen Salat" zu verwenden. Wink

Bild des Benutzers Eberhard Luckas
Verbunden: 29. September 2002 - 0:00

Da hat Dieter es so gut gemeint und kriegt jetzt die Hucke voll....

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers Dieter
Verbunden: 25. September 2006 - 9:38

Danke Eberhard, dass Du mich verstehst!

Wäre vom Pfusch am Bau gesprochen worden, hätte es vielleicht weniger Aufregung gegeben.

Ich könnte aus eigener Erfahrung fast beliebige Negativbeispiele ergänzen von Richtern, Lehrern, Finanzbeamten, Bankangestellten, ...
Um dem Vorwurf der pauschalen Diffamierung vorzubeugen; ich kann aus eigener Erfahrung auch Positivbeispiele nennen von Richtern, Lehrern, Finanzbeamten, Bankangestellten, ...

Ob ich die Mängel magisch anziehe, meine Ansprüche nur zu hoch sind oder es einfach der Realität entspricht, öfter mit Fehlern konfrontiert zu werden, möge sich jeder selbst beantworten.

Aber egal was die Wahrscheinlichkeit sagt, jeder Fall ist ein Fall zuviel und da bekomme ich lieber eine pauschalierte Warnung als gar keine Warnung. Ich habe bisher immer das Glück gehabt, nichts wirklich Schlimmes erlebt zu haben.

Im Rechtswesen ist die „Nachbesserung“ ja systemimmanent, wozu sonst gibt es die höheren Instanzen. Dabei fallen mir spontan und zufällig mehr Positivbeispiele von Amtsrichtern ein als ... und das schöne Wort Verschlimmbesserung.

Andere Beispiele
Contergan und was der damalige Anwalt von Grünenthal heute noch für Recht hält.
Der Verkauf von Darlehen mit Grundschulden durch Banken, die zu Existenzvernichtungen führten.
Hier noch ein Brief zum Nachdenken über Verantwortung und deren Folgen">http://www.karin-jaeckel-autorin.de/amok/amokerfurt35.html] Ein Jahr danach.

Bild des Benutzers Eberhard Luckas
Verbunden: 29. September 2002 - 0:00

Hallo Dieter,

dieser Brief hat mich sehr betroffen gemacht, ist es doch schon so lange her, daß diese Tragödie in aller Munde war.

Das "Zappelphillip-Syndrom" , wovon geschrieben wurde, gibt es sehr häufig bei :wink:elfehlsichtigen Kindern. Dr. U. Wulff hat ja auch schon einen deutlichen Zusammenhang zwischen Winkelfehlsichtigkeit und Schulversagen hergestellt.

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers Dieter
Verbunden: 25. September 2006 - 9:38

Hallo Eberhard,

genau das ist es, was mir am Herzen liegt und beispielsweise die Erfahrungen von CaptainMu, wie er sie am 22.09.2007 0727 unter Mikrostrabismus">http://optometrieonline.de/index.php?option=com_joomlaboard&Itemid=62&fu... zusammengefasst hat. Kerstin weiß auch ein Lied davon zu singen. Hätte ich nur vor einem dreiviertel Jahr davon schon etwas gehört.

Hiermit möchte ich allen Bekannten und Unbekannten von O-O ein Frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr wünschen und verabschiede mich in den Urlaub ins winterliche Salzkammergut.

LG,
Dieter

Bild des Benutzers Dieter
Verbunden: 25. September 2006 - 9:38

"Gute Orthoptistinnen kann man mit der Lupe suchen, gute Augenärzte sind da noch rarer gesäht." lese ich im ">http://optometrieonline.de/index.php?option=com_joomlaboard&Itemid=62&fu...
Beitrag vom 05.01.2008 1912 zu Doppelbilder >> Stress und Bildschirm ??

Tut das gut, liebe AgnesMaria, genau das war es doch, was ich mit meinem Beitrag vom 20.12.2007 0932 gemeint hatte. Auch Merlin habe ich letztlich so verstanden, obwohl er wegen seiner Art der Formulierung so heftig kritisiert wurde.

Ich wiederhole meinen Schlusssatz von damals
Ich kann immer nur hoffen, überwiegend die Richtigen zu finden und da danke ich jedem, der mir den entscheidenden Hinweis gibt.