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Bild des Benutzers Mr_multiplex
Verbunden: 23. Mai 2024 - 8:07
Augenmuskelgleichgewicht

Hallo zusammen Smile

Kennt jemand die Normwerte in Prismendioptren für die folgenden Untersuchungen:

  • Orthophorie in 5 m Ferne und in 40 cm Nähe
  • Esophorie in 5 m Ferne und in 40 cm Nähe
  • Exophorie in 5 m Ferne und in 40 cm Nähe
  • Hyperphorie in 5 m Ferne und in 40 cm Nähe
  • Cyclophorie in 5 m Ferne und in 40 cm Nähe

Falls eine Untersuchgung ohne Befund ist, sollte doch hier überall 0 Prismendioptren stehen oder?

Und ist es möglich, dass ein Patient 2 dieser Ausprägungen hat? Eigentlich ja nicht weil beim latenten Schielen das Auge doch immer nur in eine Richtung von der Achse abweicht oder?

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Orthophorie = keine Abweichung festgestellt!

Gut, aber es gelten Einschränkungen:

1) Das Ergebnis gilt nur für die Situation in  dieser Untersuchung / Messung und unter der Prüfdistanz in der Ferne = 5,0 m und in der Nähe 0,4 m. Weitere Einschränkungen: z.B. Licht- und Beleuchtungsverhältnisse; im Prüfraum, fehlende oder falsch vorhandene Fixationsobjekte. Welche Messanordnung, welche Prüfmessfelder (nach MKH. oder?).

2) Der Probant selbst (wie tritt er auf): morgens ausgeruht, vor der Arbeit oder erschöpft, am Abend; ohne Stressfaktoren oder unter Stress (Belastung). Und so kann man fortfahren. Alkohol, Drogen (Tabletten), vieles bleibt bei einer Messung dem Prüfer sogar verborgen.

3) Auch vom Prüfer selbst gehen Faktoren aus, die das Ergebnis beeinflussen können. Seine eigene Beziehung zum Ergebnis-Ziel: ist es offen; bzw. gehemmt, (will er möglichst keine oder nur geringe Werte finden) oder handelt er akkribisch genau, da muss doch ein Mangel aufzudecken sein; all dass fließt in ein Ergebnis ein!

Die meisten der anderen Punkte sind bei einem Ergebnis(!) direkt ausgeschlossen.

Allerdings kann es Kopplungen bei den  Entfernungen geben: Ferne=Esophorie - Nähe=Exophorie;

ebenso mit der Hyperphorie bzw. Hypophorie (Höhenabweichungen)

ebenso mit der Zyclophorie bzw. Inzyclophorie (Verdrehungen im oder gegen den Uhrzeigersinn).

Jetzt wiss ich aber leider nicht, ob ich Deine Frage richtig verstanden und beantwortet habe.

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers Mr_multiplex
Verbunden: 23. Mai 2024 - 8:07

Vielen Dank schon mal für deine ausführliche Antwort Smile

Bedeutet dass, ein Patient könnte folgende Ergebnisse aufzeigen:

  1. Orthophorie in 5 m Ferne und in 40 cm Nähe - 0 prdpt
  2. Esophorie in 5 m Ferne und in 40 cm Nähe - 0 prdpt
  3. Exophorie in 5 m Ferne und in 40 cm Nähe - 0 prdpt
  4. Hyperphorie in 5 m Ferne und in 40 cm Nähe - 0 prdpt
  5. Cyclophorie in 5 m Ferne und in 40 cm Nähe - 0 prdpt

 

und das würde bedeuten: kein Schielen

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

... und das würde bedeuten: kein Schielen

Wichtig: Bei allen Testungen bei denen es auf die "subjektive" Beurteilung eines Probanten ankommt, spielen dessen sehverarbeitungsstrategien die wesentliche Rolle. Und diese sind durchaus in der Lage einen Prüfer fehlzuleiten. Genauso wie ein Probant/Patient nicht an Sehsituationen scheitern möchte, kann er den wahren Fehlfaktor seiner Sehstörung intern (teil-) kompensieren. Und dies kann wiederum ein Anlass zu Fehlschlüssen sein.

Wird von einer "Phorie" gesprochen, zeigt sich (noch) kein "sichtbares" Schielen; dies wäre dann eine "Tropie".

Eine Tropie selbst macht i.d.R. wenig Probleme (Visusabfall durch Abschalten des Schielauges; kosmethische Beeinträchtigungen, natürlich auch oft der Phsyche, eher selten Doppelbilder). Phorien jedoch sind sehr häufig mit Störungen verbandelt. Dazu gehören visuelle Unruhe in der Bildverarbeitung des beidäugigen Sehens und dadurch letztlich hervorgerufen, mannigfaltige auf Stress zurückführbare Beeinträchtigungen des Körpers. Hier spricht man auch vom "Verdeckten" Schielen und von einer Heterophorie. Der Name "verdecktes Schielen" macht auch deutlich, dass die Entdeckung und Behebung einer solchen Störung, viele Aspekte hat und keinesfalls einfach ist. Bewährt hat sich hier seit über 60 Jahren die Messmethodik der MKH, die allerdings in der Medizin nur sehr wenig Anwender gefunden hat. Auch in der Augenoptik ist diese Messtechnik ein Spezialgebiet geblieben.

Nun noch ein Nachsatz zur "Tropie": diese kann durchaus auch in Kombination mit einer "Phorie" einherkommen. In diesem Fall machen auch Tropien massive Beschwerden. Dies wurde mir mitgeteilt und das hat seine volle Berechtigung.

Übrigens, es gibt es sogar eine "Tropie", die sich nicht outet und praktisch als "Orthotropie" mit "Null-"Fehlerwert durchläuft, wenn man sie nicht per Covertest entdeckt hat(!). Und wir Augenoptiker sollten die "Objektivität" des Covertestes in der Unterscheidung von echter Orthostellung, gegenüber einerseits einer Phorie und andererseits einer Tropie "vielleicht sogar erneut" viel bewusster Beachtung schenken.

(Überarbeitung von PGM, 27.05.24)

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)