Liebe Forums-Mitglieder,
mein Name ist Dagmar und ich bin 26 Jahre alt.
Ich freue mich, auf dieses Forum gestoßen zu sein und habe die Hoffnung, dass der ein oder andere von euch, mich vielleicht an seinen Erfahrungen / seinem Wissen teilhaben lassen kann. Dafür wäre ich euch sehr dankbar.
Zu meinem Problem:
Bereits als Kind habe ich während der Grundschulzeit eine Brille zur Schielbehandlung getragen. An diesen Zeitraum kann ich mich nicht mehr genau erinnern, jedenfalls habe ich während der Gymnasialzeit keine Brille getragen und war beschwerdefrei.
Ca. mit 21 Jahren diagnostizierte der Augenarzt bei mir ein latentes Schielen, nachdem ich darüber klagte, beim Autofahren nicht mehr richtig 'anfokussieren' zu können. Ich erhielt eine Brille, die sowohl eine leichte Kurzsichtigkeit (heute bei R -0.5, L -0.75) korrigierte und die zudem jeweils 2 Prismen pro Glas außen enthielt. Diese Brille war für mich eine große Erleichterung und insbesondere in drei Lebenslagen unentbehrlich: Zum Autofahren, zum Fernsehen und bei Müdigkeit / Erschöpfung. Durchaus hatte ich aber auch Momente, in denen ich ohne die Brille gut auskam. Beim Ausgehen oder Sport war ich froh, darauf gelegentlich auch verzichten zu können.
Situationen, in denen mein rechtes Auge nach innen schielte, ließen sich relativ klar benennen: Das war bei großer Müdigkeit, Sehanstrengung oder nach Alkoholgenuss der Fall.
Seit ich vor 3 Wochen aus dem Urlaub zurückgekehrt bin (dort habe ich nur eine einfache Sonnenbrille von H&M getragen), komme ich ohne die Brille überhaupt nicht mehr aus, mein rechtes Auge schielt nahezu permanent nach innen. Doch auch mit Brille sehe ich nicht richtig - beim Autofahren sehe ich Doppelbilder, zum Fernsehen muss ich ein Auge schließen.
Ich war bereits beim Augenarzt, dessen Orthooptistin gemessen hat, dass ich nun auf 16 Prismen anspreche, und der mir übergangsweise eine Prismenfolie mit 12cm/m für das rechte Glas verschrieben hat. Auf meinen Hinweis, dass ich in Zukunft nur sehr ungern mit extrem dicken Gläsern herumlaufen möchte, empfahl er mir eine Augen-OP. Einen Grund für die recht plötzliche und deutliche Verschlechterung des Schielens, das ja vorher nur situativ aufgetreten war, konnte mir keiner nennen.
Bevor ich nun konkrete Fragen stelle, möchte ich klarstellen, dass mir durchaus bewusst ist, dass es im Leben Schlimmeres gibt, als eine dicke Brille tragen zu müssen. Für mich ist es gleichwohl sehr belastend. Ich habe bereits mit meiner jetzigen Brille Druckstellen am Nasenflügel und reite in meiner Freizeit. Gelegentlich arbeite ich als Model für Übergrößen, spare davon für den Jahresurlaub, oder lege Geld für die Finanzierung meines Autos zurück. Das ist natürlich weder schielend, noch mit Brille möglich.
Gerne würde ich mich erkundigen, ob jemand ähnliche Erfahrungen mit einer plötzlichen Verschlechterung des latenten Schielens hatte. Weiß jemand, ob dies beispielsweise organische Ursachen haben kann? Auch würde mich interessieren, wie im allgemeinen die Erfolgsaussichten einer Schiel-OP sind. Ich habe bereits gelesen, dass eine Überkorrektur stattfinden kann. Wisst ihr, wievielen Prismen die verschriebene Folie mit 12cm/m entspricht und wie dick adäquate Brillengläser wären?
Ich bin euch für jeden Hinweis sehr sehr dankbar.
Herzliche Grüße
Dagmar
Hi,
schon auffällig eine solche Verschlechterung.
Hat sich bei dir gesundheitlich, abgesehen von Doppelbildern & Co, irgendetwas getan? Werden gegebenfalls neue oder andere Medikamente eingenommen? Wie hoch ist deine Sehkraft auf den Augen (damit meine ich nicht die Stärke, sondern den Visus)? Hast du dir mal eine Zweitmeinung bezüglich deines Problems eingeholt?
Im übrigens sprichst/schreibst du ja von einem latenten Schielen, also einem versteckten Schielen, dies trifft also nur auf, wenn (laienhaft gesprochen) ein Auge abgedeckt wird und sich dieses dann in seine "Ruhestellung" dreht. Bei 16cm/m Prismen erbringen deine Augenmuskeln jeden Tag einen großen Kraftaufwand, welches sich meist auch mit Beschwerden bemerkbar macht.
16cm/m Prismen hört sich spontan erstmal nach viel an, diese können aber meist erstmal auf beide Gläser aufgeteilt werden, sodass letzten Endes nur noch 8cm/m pro Seite sind. Wenn du dir dann z.B. eine Kunststofffassung wählst, welche nicht die größte ist die du finden kannst, sondern etwas kleiner ist, kann man dort auf viel vom Glasrand verdecken.
Bezüglich einer OP wäre ich persönlich vorsichtig und bin Gott sei dank selbst nicht in der Situation, dass entscheiden zu müssen. So hören sich deine Augen abgesehen vom Schielen ja "gesund" an, eine OP ist immer ein Eingriff am oder in den Körper, damit verbunden Infektionen und so weiter ist nicht grade mein Fall... bei der OP selbst wird meist erstmal ein wenig überkorrigiert, da sich durch den Heilprozess das ganze wieder leicht rückentwickelt. Genauere Erfahrungen kann ich dir leider aber nicht mitteilen...sorry
LG
Liebe/r Noflex,
vielen lieben Dank für Deine Antwort. Toll, dass Du Dir die Zeit genommen hast, meinen Text zu lesen und mir zu antworten.
Auch ich habe großen Respekt vor einer OP - insbesondere vor möglichen Komplikationen. Jedoch hat mich die Orthooptistin darauf hingewiesen, dass mein Auge auch mit angepasster Prismenstärke schielen würde - lediglich die Information im Hirn sei eine andere. Das ist natürlich dauerhaft nicht schön.
Möglicherweise habe ich ein falsches Verständnis vom "latenten Schielen" gehabt. Ich dachte, damit wird ein situativ auftretendes, nicht dauerhaftes Schielen bezeichnet. Deswegen habe ich noch einmal in den Arztrechnungen nachgesehen - dort ist die Rede von einer "Esophorie". Mir kommt es im Übrigen eher gegenteilig vor. Decke ich das linke Auge zu, richtet sich das rechte (zuvor nach innen schielende) erst gerade. Auch der Terminus "Höhenschielen" ist mir in den Rechnungen ein paar Mal untergekommen. Blicke ich mich im Spiegel an, tritt das Schielen des rechten Auges zudem erst ab einer gewissen Distanz (< 45cm) auf.
Der Visus wurde mit Brillenkorrektur im September 2013 auf 1,2 je Auge beziffert. Einen aktuelleren Wert kenne ich leider nicht.
Was mich verwirrt sind jedoch auch die zahlreichen Erklärungen zum Schielen, sowohl durch Augenoptiker als auch durch Augenärzte. Da wurde es zum Teil über ein schwächeres Auge, zum Teil über die Anstrengung des Muskels erklärt.
Ich war in den vergangenen Tagen bereits beim Hausarzt und habe ein Blutbild machen lassen. Die Beschwerden sind wie gesagt massiv nach einem Urlaub im Oman aufgetreten, wo ich tagsüber wunderbar ohne Brille ausgekommen war. Scheinbar bin ich aber kerngesund. Und ja - ich habe tatsächlich auf dem Flug eine halbe Beruhigungstablette gegen Flugangst eingenommen, kann mir aber nicht vorstellen, dass sich das so lange niederschlagen dürfte.
Kennst Du / Kennt ihr denn irgendwelche körperlichen Zusammenhänge, die das Schielen derart verschlechtern können? Schlechter Schlaf, Zähneknirschen o. Ä.? Ich stelle derzeit Theorien in alle Richtungen auf
Auf eine zweite Meinung hoffe ich am 1. Juli. Dann habe ich einen Termin in der Uniklinik in Erlangen, bei einer Spezialistin für Schielerkrankungen. Was mich traurig macht ist, keinen Arzt zu kennen, der nicht lediglich die Winkelfehlsichtigkeit korrigiert, sondern nach der Ursache forscht.
Viele liebe Grüße
Dagmar
Hi Dagmar,
ich hoffe ich kann dir ein wenig weiterhelfen.
Ich setz nochmal oben am "latenten" Schielen an: Latentes Schielen/Heterophorie/bei MKHlern: Winkelfehlsichtigkeit (meist kurz WF), ist wie der Name schon sagt ein verstecktes Schielen. Versteckt ist es aus dem Grund, dass man es einer Person nicht direkt ansieht, dass sie schielt, denn wenn beide Auge geöffnet sind und auf ein Objekt fixieren können, wird dieses bifoveolar abgebildet und es entstehen keine Doppelbilder. D.h. aber auch, dass die Augen immer arbeiten müssen, um diese versteckte Fehlstellung zu korrigieren. Im Umkehrschluss heisst das aber auch, dass wenn nun ein Auge abgedeckt wird, dreht sich das abgedeckte Auge in seine Ruhestellung und nur das offene Auge fixiert. Dies stellt man grob an einem Ab/-Aufdecktest fest, um dies genauer zu prüfen gibt es verschiedene Methoden in der Augenglasbestimmung. Zum einen wäre da die MKH, die mithilfe von Polarisation funktioniert, wo auf beiden Augen vermeindlich unterschiedliche Bilder abgebildet werden und damit die Fehlstellung mittels Prismen gemessen werden kann. Andere Verfahren funktionieren mit Farbtrennung o.ä.. In Situationen von Müdigkeit oder erheblichen Alkoholgenuss kann es vorkommen, dass die Augen etwas die Kontrolle verlieren und das Schielen dann auch so sichtbar ist und Doppelbilder auftreten.
Man unterteilt, im übrigen unter einer Vielzahl von Schielarten/formen: kommitantes Schielen (Begleitschielen), inkommitantes Schielen, akkommodative Schielen...
Und dann gibt es noch Unterschiede zwischen Eso-/Exophorie oder Hyper-/Hypophorie oder Zyklophorie... [mehr fällt mir spontan nicht ein]...Eso: Innen ; Exo: Aussen ; Hyper: Oben ; Hypo: Unten ; Zyklo: kreisförmig (wobei damit hier eine Verrollung gemeint ist)
Es kann auch mal vorkommen, dass AO oder AA vom ein und demselben sprechen, aber andere Wörter oder Bezeichnungen verwenden...
LG
Hallo Dagmar
jetzt mal keine Angst.
Die Esophorie ist eine Augenfehlstellung, wobei die beiden Augachsen eine konvergente(nach innen) Ruhestellung haben. Gleichzeitig arbeiten die beiden Augen auch nicht optimal miteinander. Je aelter du wirst um staerker wir dir das auffallen.
Durch die Brille, die du traegst, wurde jetzt schon ein Teil der Groesse des latenten Schielfehlers geoeffnet. Das wird auch mit aller Wahrscheinlichkeit noch mehr werden. Am besten ist es, wenn der Schielwinkel soweit geoeffnet wird, bis beide Augachsen in einer Ruhestellung zueinander liegen.
Ist dies geschehen, so werden die Augenmuskel bei der OP soweit versetzt, bis beide Augachsen wieder gerade(parallel) stehen und der Fehler ist beseitigt. Das geschieht meist an nur einem Auge.
Diese OP ist eine der einfachsten am Auge, wo am wenigsten schieflaufen kann, wenn man gut vorbereitet in die OP geht. D.H. am besten vollkorrigiert mit Brille. Die ueblichen Risiken sind bekannt.
Ich hab auch 2 OPs hinter mir. I.d.R. ist diese Eso eine Vererbungssache. Forsche mal bei deinen Ahnen.
Gruss Burkhard
Liebe/r Noflex, lieber Burkhard,
ganz herzlichen Dank für eure ausführlichen Erklärungen. Jetzt hab ich immerhin etwas mehr Durchblick (Galgenhumor!). Wirklich sehr lieb, dass ihr euch die Zeit genommen habt, mich ein bisschen aufzuklären.
Habe ich Dich, liebe/r Noflex, richtig verstanden, hatte ich bisher tatsächlich ein latentes Schielen, das sich mittlerweile offensichtlich teil-manifestiert hat. Offenbar verweigert das rechte Auge ab einer gewissen Distanz die Arbeit.
Lieber Burkhard, vielen Dank auch Dir für Deine Nachricht. Es erleichtert mich doch schon, dass Du positives von einer Augen-OP berichten kannst. Ich hoffe mal auf meinen Termin in der Uniklinik. Vielleicht können sie mir dort eine Empfehlung aussprechen.
Weder meine Mutter noch meinen Vater habe ich auf Kinderfotos je Brille tragen oder schielen sehen. Komisch, aber ich werde mal nachfragen! Danke für den Tip!
Liebe Grüße & ein schönes Wochenende!
Dagmar
Hallo Dagmar
wie gesagt: Es ist ein verstecktes Schielen. Das kommt auf Fotos nur selten raus. Frag deine Eltern, ob sie haeufiger doppelt gesehen haben, oder es immer noch tun. Bzw aehnliche Symptome haben/hatten, wie du sie jetzt erlebst. Im uebrigen bist du an einen Augenarzt geraten, der davon was versteht. Das ist nicht selbstverstaendlich. Frueher wurde das nur selten erkannt.
Gruss Burkhard
Moin Dagmar,
ich bin sicher, dass Dein früheres latentes Schielen (Esophorie) jetzt dekompensiert ist zu einem alternierenden Strabismus. Die Höhe des Schielwiinkels lässt vermuten, dass noch mehr gemessen wird in nächster Zeit. Deswegen ist sicher die Prismenfolie ein Mittel, um Gläserkosten zu sparen. Eine OP ist erst dann sinnvoll, wenn die zuletzt gemessene Prismenstärke mindestens 3 Monate, besser 6 Monate beschwerdefrei getragen wurde. Leider (für Dich) ist das Schielen mit den Prismenkorrektionen sichtbar.
Viele Grüße
Eberhard
Lieber Burkhard, lieber Eberhard, liebe Forumsmitglieder
zunächst einmal vielen Dank für eure Antworten. Weder mein Vater noch meine Mutter haben jemals Probleme mit Doppelbildern gehabt, wohl aber hat meine Tante als Kind geschielt.
Mein Termin in der Uniklinik hat leider größere Verwirrung gestiftet als erwartet. Gerne würde ich mich nochmal nach eurer Meinung erkundigen.
Zunächst wurde ich von einer (angehenden?) Orthooptistin komplett durchgecheckt: Ihr habe ich berichtet, dass ich als Kind eine Brille zur Schieltherapie getragen habe, und, dass das Schielen bei Müdigkeit und Alkoholkonsum aufgetreten ist. Ihre Diagnose war eine dekompensierte Esophorie.
Weitergeleitet wurde ich zur Oberärztin (Spezialisitin für Schielerkrankungen), die dagegen von einer Abduzensparese ausgeht und die bisherige Prismenkorrektur für falsch hält. Die Folge waren ein MRT, um einen Hirntumor auszuschließen, und eine Überweisung zum Neurologen, der gerne eine Lumbalpunktion durchführen möchte. Diese habe ich aufgrund der damit einhergehenden Risiken verweigert.
Was haltet ihr von diesen widersprüchlichen Diagnosen?
Die Doppelbilder haben sich im Übrigen etwas gebessert: Vor 3 Wochen musste ich als Beifahrer auf der Autobahn noch ein Auge zukneifen, doch das ist sukzessive besser geworden.
Außerdem würde ich gerne noch eine zweite Frage anschließen:
Ich habe auf einschlägigen Seiten vermehrt gelesen, dass CMD/Kieferbeschwerden zu Doppelbildern und Schielen führen können. Hat jemand von euch Erfahrungen damit, oder eine Erklärung dafür?
Herzliche Grüße
Dagmar
Moin Dagmar,
sicher gibt es Schielprobleme durch Kieferschäden, bzw. Kiefrfehlstellungen. Ebenso gibt es Probleme durch Atlasfehlstellungen.
Viele Grüße
Eberhard