Hallo an alle. Ich habe bereits im Forum geschrieben, es geht um meine Tochter, die Weitsichtig ist. Nun haben wir am 03.05.2013 unseren nächsten Termin (nach 4 Wo. Brille tragen)
Ich habe gemekrt, dass hier im Forum Leute schreiben, die wirklich viel Ahnung haben, darum stelle ich meine Frage erneut hier.
Nun wollte ich mich zu 2 Sachen informieren, damit ich der Orhopistin genauere Fragen stellen kann, da ich bis zum Tag, an dem ich von der Weitsichtigkeit meiner Tochter erfuhr, von der Augenheilkunde NIX wusste.
Es gibt 2 verschiedene Meinungen zum Abkleben:
1. Man hört von Ärzten, dass die Abkleberei NUR die erste 6 Monate nach Behandlungsbeginn NÜTZLICH ist. Danach sollte die Abkleberei nur ein plagen fürs Kind sein! Die Sehschärfe bessert sich danach KAUM mehr und Kind kann dadurch auf dem "führende Auge" auch Sehschwäche entwickeln, es greifft das Binokularsehen und kann diesen auch leicht oder gröbber zerstören und dazu soll auch Körperwahrnehmung des Kindes leiden. Darum soll man die Therapie nicht länger als 6 Monate durchführen.
2. Meinungen von Orhopistinen sind aber anders. Die sagen: ABKLEBEN, ABKLEBEN, ABKLEBEN. Den Sehschäfte kann sich bis zum 10-12 Lebensjahr verbessern sowie auch verschlechtern. Wenn man das bessere Auge (vor allem bei schielenden Kinder) nicht abkleben würde, entwickelt sich die Schwachsichtigkeit auf schilendem Augen noch mehr und noch mehr. Erst ab etwa 12. Lebensjahr wird die "erreichte" Sehschwäche bleiben.
Kann mir das jemand beantworten, den beide Aussagen klingen für mich logisch und glaubwürdig.
Dazu möchte ich noch wissen, falls zwischen beiden Augen ein grosser Unterschied an Sehstärke besteht, ist es dann besser durch abkleben das bessere Auge zu "schwächen" und das schlechtere zu "stärken" damit am Schluss beide ETWA gleich sehen, ODER macht es doch mehr Sinn, nicht lange abkleben, damit das gute Auge seine GUTE Sehstärke nicht verliert und das schwächere Auge einfach ein wenig stärken.
Was meint ihr, was ist besser??? Vor allem geht es mir da um Sensorisches Sehen im Erwachsenalter, was für Auswirkung hat das, dass ein Auge besser und das andere schlechter ist?! Schielt man dan einfach, oder was sind die Folgen??
Hallo Naty,
beide Aussagen sind, so wie sie im Raum stehen, falsch!
Abkleben ist notwendig bei einem Visusverlust bei einem Kleinkind, ABER in genauer Kenntnis des Gesamtbefundes, hierzu müssen davor durchgeführt werden:
- verlässliche Sehtests
-Fixationsprüfung beider Augen
-Kenntnis über bestehendes/fehlendes Binokularsehen und Stabilität des Binokularsehens/räumlichen Sehens
Entscheidend ist die DOSIERUNG des Abklebens, welche Art des Abklebens, wie oft und wie lange klebe ich ab.
Bei bestehendem guten Binokularsehen je nach Alter des Kindes sind auch andere Arten der Okklusion angezeigt, um das Binokularsehen nicht zu unterbrechen und ein weiteres Schielen hiermit nicht zu provozieren:
-Okklusion nach Bangerter
-Atropinkuren
Die letzteren beiden sind zu bevorzugen, wenn ein nicht zu großer Visusverlust bei vorhandenem Binokularsehen bestehen würde.
Z.B. wurde bei meiner Tochter Ausgleich des Schielwinkels mit Prismenfolie UND vorsichtig dosiertes Abkleben gleichzeitig angewandt, um das schlechtere Auge dem besserem in der Sehschärfe anzupassen, danach, hat man, nachdem die Sehschärfe sich auf beiden Augen angeglichen hat, nur noch mit Prismenausgleich das Ganze stabilisiert hat, weil sie zentrale stabile Fixation und stabiles räumliches Sehen gezeigt hat.
Man kann also mit richtigem Abkleben viel bewirken, mit falschem Abkleben viel Unheil anrichten. Mir sind mindestens zwei Fälle aus diesem Forum bekannt, bei denen mit unnötigem Abkleben das Schielen provoziert worden ist.
Es ist ein komplexeres Thema, Augenärzte UND Orthoptistinnen neigen jedoch dazu, die Risiken nicht zu erkennen oder zu vernachlässigen, weil für sie die Visuserhaltung an erster Stelle und das Erhalten und Aufbauen des Binokularsehens leider an letzter Stelle steht.
LG Helene
Hallo Naty,
für eine Okklusionstherapie bei einer bereits eingetretenen Sehschwäche gibt es kein Kochrezept. Fest steht jedoch, dass ein frühzeitiger Therapiebeginn im Kindesalter den größten Erfolg erzielt. Nämlich das Erreichen eines altersgemäßen Visus auf beiden Augen. Dazu bedarf es auch der Mitarbeit von Kind und Eltern.
Man geht davon aus, dass ab einem Lebensalter von 6 Jahren zu Therapiebeginn, sich ein Erfolg nicht so schnell einstellen wird. Zum einen gilt die Sehentwicklung ab diesem Alter als nahezu abgeschlossen, zum anderen wird mit Schuleintritt eine Durchführung der Therapie immer schwieriger.
Ob eine Okklusionstherapie erforderlich ist und in welcher Form, hängt vom Befund ab. Sehr häufig ist sie erforderlich bei Vorliegen von hohen Fehlsichtigkeiten, unterschiedlich starken Fehlsichtigkeiten zwischen linkem und rechtem Auge und/oder Schielen (meist Innenschielen). Diese verursachen häufig einen Visusverlust bzw. eine Amblyopie. Helene hat 2 zentrale Untersuchungen zur Überprüfung bereits genannt.
Natürlich wird durch das Abkleben das beidseitige Sehen gestört. Mit einer Amblyopie entwickelt sich jedoch auch kein gutes (bis gar kein) Binokularsehen…Daher ist die Okklusion auch auf den Befund hin genauestens abzustimmen und zu kontrollieren. Wenn sich innerhalb von 3 bis max. 6 Monaten penibelst eingehaltener Okklusionszeiten keine signifikante Verbesserung des Visus einstellt, sind die Gründe dafür zu erforschen. Eine Therapie sollte sich immer der Entwicklung anpassen, d.h. die Art der Okklusion und die Dauer müssen immer wieder kontrolliert werden.
Es ist auch zu berücksichtigen, dass die Okklusionszeiten in den Alltag passen, auch wenn das vorrangige Ziel die Beseitigung der Sehschwäche ist. Sonst funktioniert es nicht mit der Mitarbeit….Dies ist mit der Orthoptistin zu besprechen.
Ich wünsche Euch alles Gute für den 3. Mai.
LG Kugelblitz
Bei mir wurde erst im Alter von 7 Jahren eine konsequente Therapie angewendet (Okklusion und Atropin). Zu Beginn waren meine Werte auf dem linken Auge noch bei rund 10 % (3/50), also schon fast ziemlich blind; danach ging es rasant aufwärts.
Das war während der Einschulung sehr stressig, hat aber den Visus schlussendlich erheblich verstärkt (gegen 80 %, je nach Objekt) und vor der Verblindung auf diesem Augen gerettet.
Kann das also nicht bestätigen, dass nach 6 Jahren oder so alles gelaufen sei. So früh wie möglich, aber besser spät als gar nie. Dem starken Auge hat das überhaupt nicht geschadet (habe heute noch Werte um die 160 %).
Hallo Tom,
darum schrieb ich auch extra "nahezu abgeschlossen". Es wird sicherlich immer auch nach dem 6. Lebensjahr eine Okklusionstherapie gestartet, alles andere wäre fahrlässig. Ein guter Visus ist eben wichtig. Nur die Erfolgsrate sinkt, aber es gibt Menschen wie Dich zum Beispiel, bei denen es doch funktioniert, wenn sie die Therapie konsequent durchhalten wie Du bzw. Deine Eltern. Und darum lohnt der Versuch immer.
LG Kugelblitz
Besten Dank für die Statements.
Als Anwender der MKH kann ich mich voll und ganz hinter die Aussagen von Helene stellen,
Ansonsten ist dem Hinweis von Tom Hertig zuzustimmen, bei dem aber (wie bekannt) jetzt erst das ursächlich im Hintergrund liegende Binokularproblem angegangen wird. Dieser Weg ist denkbar steinig und nicht ohne Gefahren.
Deshalb nochmal, die Dominanz stellt immer die Binokularität dar, die durch Abkleben zerstört wird. Bei Binokularität bessert sich der Visus allermeist schon durch die verbesserte Zusammenarbeit im Sehen auch schon ohne Abklebetechnik. In gewissen Fällen kann diese aber strategisch unterstützend mit eingesetzt werden. Sie wird dann (nur auf ärztliche Anweisung) eher radikal, und nur über den Zeitraum echt nachvollziehbarer Visussteigerungen genutzt, um möglichst bald wieder vollständig abgesetzt werden zu können. Wegen der stabilisierten Binokularität, die prismatisch aufgebaut wird, ist die Gefahr eines erneuten Visusabfalls üblicherweise gebannt.
Viele Grüße:
Paul-Gerhard Mosch (PGM)