Nachdem unser 13 Monate alter Sohn plötzlich angefangen hatte zu schielen, stellte die Ortoptistin bzw der Augenarzt eine extreme Übersichtigkeit fest.(Es war von ungefähren Werte von 7,0 die Rede.)Diese empfahlen mir,eine genaue Messung mit Hilfe von Atropin-Tropfen mit der Begründung, daß man bei so kleinen Kindern sonst keine genauen Werte bekommen könne. Da der entsprechende Augenarzt aber im Anschluß 2 Wochen Urlaub hatte, enschied ich mich zu einem Augenoptiker zu gehen, der einen sehr guten Ruf hat. Dieser empfahl mir, die Optometrie ohne Atropin vorzunehmen. Er sagte, wenn man sich genügend Zeit nähme, könnte man sehr wohl auch die korrekten Werte herausbekommen.
Er schilderte auch die möglichen nachteiligen Nebenwirkung von Atropin. Außerdem erklärte dieser, daß fast ausschließlich das nähere Umfeld für ein so kleines Kind wichtig sei und ihn die andere Straßenseite sicherlich noch nicht interessiere, womit er auch recht hat. Er meinte, daß es deshalb nicht auf eine Dioptrie mehr oder weniger ankäme. Ich entschied mich, die Messung bei ihm vornehmen zu lassen. Das Ergebnis nach 1/2-stündiger Messung R sph + 6,50 uund L sph + 6,0.
Ich bin aber dennoch sehr unentschlossen, wie ich weiterhin vorgehen werde, denn eine kontinuierliche Messung in Abstand von 3 Monaten ist auf Grund des schnellen Wachstums bei Kleinkindern einleuchtenderweise von großer Wichtigkeit. Soll ich lieber die Werte beim Augenarzt mittels der Tropfen bestimmen lassen oder sind die Aussagen beim Optiker wohl ebenso gewissenhaft? Dazu muß ich noch sagen, die Messung beim Optiker hat dieser mit 44 Euro berechnet, beim Augenarzt hätte diese die Krankenkasse übernommen.
Ich würde mich über andere Meinungen freuen.
Viele Grüße von Nicole (+Finn)
12. Juni 2004 - 21:36
#1
Messung mittels Atropin bei Übersichtigkeit eines13 Monate a
Hallo Nicole,
die Atropin-Tropfen (beziehungsweise Stoffen die so ähnlich wirken, denn das reine Atropin wird eigentlich nicht mehr dazu verwandt) lähmen in ihrer ihr gewollten Funktion den Ziliarmuskel, welcher für die Einstellung der Linsenkrümmung verantwortlich ist (die Pupille wird außerdem weit gestellt, was es ermöglicht den Augenhintergrund gut zu beurteilen).
Da dieser nun auch unwillkürlich beeinflusst werden kann, und man das bei Kleinkindern schlecht unterscheiden kann, sollte man hier schon tropfen. Dadurch stellt sich das Auge auf die Ferne ein und die optimale Korrektur kann ermittelt werden.
Die Hauptgefahr ist hierbei eigentlich nur der unwahrscheinliche Fall einer komplettvegetativen Wirkung, hier eine parasympatholytische, d.h. gegebenenfalls wäre also der Herzschlag erhöht etc.
Ich persönlich halte diese unwahrscheinliche Möglichkeit einer Komplikation für geringer einzuschätzen als die Notwendigkeit einer genauen Stärkenbestimmung bei deinem Kind. Das Sehen ist wenn man denn so will nicht angeboren sondern muss erlernt werden, was du jetzt versäumst, daran hat dein Kind vielleicht ein Leben lang zu leiden, dauerhaft verminderter Visus usw.
Meines Wissens hat sich der Optiker sogar strafbar gemacht, er darf eigentlich Brillenglasbestimmungen nicht an Säuglingen vornehmen. Falls du nicht gerade mit ihm befreundet bist oder da noch länger bleiben möchtest, kannst du dir auch dein Geld mit dem vorsichtigen Hinweis darauf zurückholen.
Viele Grüße
Christian
Hallo Christian,
vielen Dank für Deine schnelle Antwort. Das, was Du schreibst, bestätigt mich in meiner Denkweise. Ich werde am Dienstag, dann habe ich einen Termin bei der Orthoptistin, Finns Augen mittels Tropfen nochmals testen lassen. Deine Worte klingen einleuchtend und so als ob Du vom Fach bist. Ist das richtig?
Nochmal vielen Dank und einen schönen Sonntag ...
...Nicole + Finn
@christian_berlin Mich würde es nur mal am Rande interessieren aus welcher Richtung der Optik du kommst?
Hallo Nicole und Finn, hallo Christian,
zunächst mal zum Optiker Er hat sich nicht strafbar gemacht, denn die Refraktionsbestimmung soll bei Kindern unter 14 Jahren nur nach einem Augenarztbesuch stattfinden bzw. der Augenarztbesuch soll danach angeraten werden. Demnach ergibt sich, daß der Optiker sehr wohl eine Refraktionsbestimmung bei Kindern und Kleinkindern durchführen darf. Es wird aber sehr oft von Augenärzten aus Unwissen oder falscher Auslegung behauptet, der Augenoptiker dürfe bei Kindern keine Refraktionsbestimmung durchführen.
Die Sache mit dem Geld ist leider nicht so schön, aber seit der Gesundheitsreform dürfen Augenoptiker die Refraktionsbestimmung nicht mehr mit den Krankenkassen abrechnen, und nichts berechnen darf er nicht. Anspruch auf Rückzahlung des Geldes hast Du also auch nicht.
Die Messung kann auch ohne Gabe von Mydriatika oder Atropin korrekt erfolgen, man muß es nur können.
Zu den Meßwerten In einem Punkt liegt er meiner Meinung nach aber nicht richtig, denn gerade bei Hyperopien (Volksmund Weitsichtigkeit) und hohen Astigmatismen (Volksmund Hornhautverkrümmung) sollte die Vollkorrektion auch bei Kleinkindern angestrebt werden, da durch die Konvergenzstellung nicht mit den Foveolen (Netzhautzentren) fixiert wird und die Entwicklung des Binokularsehens und Stereosehens gestört werden kann. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß bei einem Alter von ca. 1 Jahr eine Hyperopie von ca. 1,5 bis 2,0 dpt physiologisch normal ist, da die Zapfendichte noch nicht so hoch ist und die "Fehlsichtigkeit" (1,5 - 2,0 dpt hat in dem Alter jeder) nicht zum Tragen kommt.
Die Wortwahl "eine Dioptrie mehr oder weniger" ist aber unpassend, es sollte in diesem Fall schon genauer sein, da ja ein zweites Problem, das Schielen, vorliegt. Wenn dann eine ungenaue Messung erfolgt, und dann die 2,0 dpt physiologische Hyperopie abgezogen werden vom Meßwert, kann man schon mal leicht daneben liegen. Damit ist aber noch nicht gesagt daß der Augenoptiker ungenau gemessen hat. Ich denke da eher das Gegenteil, denn er hat sich ja festgelegt mit den Werten. Hingegen ist ungefähr +7,0 dpt vom Augenarzt nicht sehr genau.
Als kleinen Anhaltswert für das gründliche Arbeiten des Optikers Hat Finn während der Messung mit dem Skiaskop (so eine Art Taschenlampe) auf eine bestimmte Entfernung schauen können, also hat er oder hast Du Finn irgendetwas während der Messung gezeigt, und änderte sich diese Entfernung nicht? Wenn ja, dann war das schon mal ein sehr wichtiger Punkt für die korrekte Messung. Anschließend sollte ein eventueller Astigmatismus auch korrigiert werden. Dazu müste Finn also entweder eine Messbrille aufgesetzt bekommen haben oder der Optiker sollte das mit einem Autorefraktometer (ein Gerät was automatisch eine Augenglasbestimmung durchführt) getan haben. Das ist allerdings nur notwendig wenn auch ein Astigmatismus vorliegt, es muß also nicht stattgefunden haben. Sollte es dennoch geschehen sein, ist das ein weiteres Indiz für die korrekt durchgeführte Messung. Vielleicht kannst Du ja nähere Angaben dazu machen?
Viele Grüße,
Jörg
Ach ja, DJ Steph Ich denke mal, er studiert Medizin oder so? Evtl. Augenheilkunde. Obwohl....., er wüsste dann, daß ein 13 Monate altes Kind nicht mehr zu den Säuglingen zählt. Außerdem Das Sehen ist nicht nur wenn man so will, sondern ganz bestimmt erlernt!
Hallo Jörg, Nicole und Finn,
hatte nicht gedacht, dass meine Antwort zu solcher Diskussion führt. Zur Frage Ich studiere Medizin. Die rechtlichen Aspekte sind ganz sicher nicht die Schwerpunkte in den Kursen und ich will mich auch nicht darauf versteifen, ob das nun vom Gesetzgeber erlaubt ist oder nicht, aber ich halte es bei Kleinkindern für generell ratsam zum Augenarzt zu gehen.
Zu Jörg Du hast wohl Recht, dass man mit 13 Monaten nicht mehr zu den Säuglingen zählt, hab ich mich doch glatt um einen ganzen Monat vertan .
Übrigens Atropin zählt zu den Mydriatika.
Was du mit dem Abziehen der 2 dpt geschrieben hast, kann es sein, dass du den Abzug am Ende der Untersuch meinst? Also die Glasstärke, die zur Korrektur des Skiaskopierabstandes in Abzug gebracht werden muss, also + 2 dpt für 50 cm?
Die Untersuchung mit dem Autorefraktometer würde keine sicheren Ergebnisse bringen.
Viele Grüße
Christian
Entschuldige Nicole, aber das geht in erster Linie an Christian
Danke für die Bemerkungen, ich wollte eigentlich auch "andere Mydriatika" schreiben. Und das mit dem Kleinkind und dem Säugling hast Du schon richtig verstanden ;-). Ich stimme Dir voll zu, daß in diesem Alter ein Besuch beim Augenarzt unabdingbar ist, und ich habe ja auch geschrieben, unter welchen Bedingungen der Optiker eine Refraktion durchführen darf.
Die 2 dpt abziehen bezogen sich nicht auf den Skiaskopierabstand, sondern auf den gebräuchlichen Wert der vom gefundenen (objektiven) Vollkorrektionswert abgezogen wird, um eine Teilkorrektion durchzuführen. Bekanntermaßen werden gerade hyperope Kleinkinder selten vollkorrigiert, da dies ja auch nicht immer notwendig ist.
Die Untersuchung mit dem Autorefraktometer oder mit dem Hand-Refraktometer gibt auch nur objektive Werte wieder, wie die Skiaskopie auch, da sie auf dem gleichen Prinzip aufbauen, und ihre Meßunsicherheit zu einigen Teilen beim Anwender liegt. Sie bringt bei korrekter Anwendung genauso "sichere" Werte wie das Skiaskop, wobei ich den Vorgang nicht als Untersuchung bezeichnen würde, sondern als Messung.
Viel Grüße,
Jörg
Hallo Freunde der Optometrie,
zur Skiaskopie bei Kleinkindern
es gibt die bekannte Nahskiaskopie nach Mahindra. Diese Methode ist bei Kleinkindern unbedingt allen anderen Methoden vorzuziehen und erbringt sehr genaue Korrektionen.
Gruß
Eberhard
Viele Grüße
Eberhard
@ christian_berlin
"aber ich halte es bei Kleinkindern für generell ratsam zum Augenarzt zu gehen."
wenn ein AO-meister oder dipl. Ing, der 6 semester mit dem bestimmen von sehhilfen und 8-9 semester mit korrektionen, wirkung von linsen und physiologischen wirkweisen bis in die letzte nervbahn des sehzentrums usw. lernt, so ist dort jeder patient, der probleme mit seinem sehen hat, gut aufgehoben. wenn diese hochgeschulte fachkraft dann einen weiteren spezialisten zu rate ziehen will, zB einen augenarzt, wird sicher jeder meiner kollegen jederzeit an diesen verweisen.
mfg
Hallo Tao,
da gebe ich Dir auch recht. Wir AO-Meister haben ersteinmal eine lange Ausbildung und schließlich auch regelmäßige Weiterbildung in der Augenglasbestimmung. Nur wer sich nicht weiterbildet, landet dann doch irgendwann im Hinterhof der Augenoptik.
Gruß
Eberhard
Viele Grüße
Eberhard