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Bild des Benutzers sojacla
Verbunden: 20. Juni 2012 - 20:07
Prismenbrille, Doppelbilder und Schiel-OP

Hallo,

habe mit großem Interesse einige Forenbeiträge gelesen und möchte nun meine eigene Geschichte erzählen. Mein Sohn Jan ist im August 2006 geboren. Ende 2011 haben ich festgestellt das irgendwas nicht stimmt, weil er immer ein Auge zu machte, wenn er "kniffliges" erledigte. Zum Beispiel einen JoJo aufwickeln. Ich habe einen Termin beim Augenarzt gemacht, die AÄ meinte es wäre latentes schielen mit Doppelbildern. Er müsste in die Sehschule zum genauen vermessen. Termin hatten wir am 16.04.12!! Die Orthoptistin hat ihn dann untersucht und vor meinem Sohn!!! hat sie mir dann eröffnet, das Jan sein Auge nach außen dreht. Es würde an den schrägen Augenmuskeln liegen. Da könnte sie konservativ nichts machen, das muss in einer Uniklinik operiert werden. Mein Sohn war inzwischen schon totunglücklich. Das hätte ich gerne ohne meinen Sohn mit ihr besprochen. Mit dieser Diagnose hat sie mich dann auch nach Hause geschickt. Sie sagte ich sollte einen Termin in Essen machen. Dort war alles voll, an Termine vorerst nicht zu denken. Mein Problem war ja die Einschulung meines Sohnes. Mit Doppelbildern - ohne weitere Hilfe? Ich habe keine alternativen Kliniken genannt bekommen, keine weitere Vorgehensweise. Ich habe mir selbst geholfen. Bin mit meinem Sohn zum Optometristen gegangen und habe ihm eine Prismenbrille anpassen lassen.

 

F/R : sph= +0,75; cyl = -0,25; Achse = 15; Prisma = 3,54; Achse = 352

F/L: sph = +0,75; cyl = -0,25; Achse = 165; Prisma = 4,03; Achse = 173

 

Heute waren mein Mann und ich mit Jan in Marburg in der Uniklinik. Dort haben sie mir gesagt, die Brille wäre soweit ok zum Ausgleich der Doppelbilder und in der Schule, wir sollten es weiter beobachten, die Orthoptistin dort meinte sie hätte schon 5° Grad gemessen - ich bin noch zu sehr Laie! Wir sollten beobachten und abwarten. Für eine OP wäre es zu früh. Grundsätzlich sieht sie Prismen auch kritisch, außer zur Vorbereitung einer OP.

Jetzt meine Frage. In einigen Forenbeiträgen habe ich gelesen, dass es wichtig wäre vorher mit Prismen zu arbeiten und dann zu operieren. Andere sagen, nein die Prismen machen die Augen faul und deshalb weitet/lockern sich die Muskeln und das Auge braucht immer mehr Prismen.

Den Augenarzt werde ich wechseln, auf so eine Behandlung kann ich verzichten. Gibt es noch einen Ratschlag für mich und mein "in die Schule kommendes Kind"? Sitzposition in der Klasse oder? Gibt es da Tipps oder ist das nicht wichtig?

Danke LG

Sonja

Bild des Benutzers Eberhard Luckas
Verbunden: 29. September 2002 - 0:00

Hallo Sonja,

 

ein Tipp für die Schule: Nicht zu weit hinten sitzen.

 

Es ist richtig, dass es sehr wichtig ist, vor einer eventuellen Operation den Schielwinkel mit prismatischen Brillengläsern und eventuell sogar noch Prismenfolien voll auszugleichen. Nur dann ist gewährleistet, dass die Operation wirklich optimal verläuft.

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo Sonja,

zuerst mal herzlichen Glückwunsch.

Aus der Reaktion der Uni-Marburg kann man schließen, dass diese Klinik nichts fand, was gegen die jetzige augenoptische Versorgung sprach. Ihr seid deshalb auch ganz sicher bei einem vernünftigen augenoptischen Ansprechpartner für Euren Sohn Jan gelandet. Das ist sehr gut. Er wird Euch sicher auch in weiteren Fragen gut beraten können.

Die erste Arztpraxis war diesem augenoptischen Problem nicht gewachsen, deshalb muß sie für medizinische Anliegen nicht schlecht sein! Immerhin beschäftigt man dort eine Orthoptistin, die (wie die meisten med. Heilkundler von Prismenausgleich wenig bis nichts halten.

Nun zu dem was Du gehört hast, was andere sagen:

Augen werden höchstens faul, wenn sie permanent überfordert werden! Z.B. wenn sie die Richtung nicht halten können und schielen. Dann sagt der Computer "Gehirn" sprich -visueller Cortex- einem Auge nur "du störst" und schaltet die Info des Auges teilweise oder ganz ab und in der Folge dreht sich das Auge weg und schmollt.

Augen, die ihre Infos´ dem visuellen cortex zur Verfügung halten, müssen permanent fokusieren (scharfstellen), saubere koordinierte Blickfolgebewegungen ausüben und das in der Fern- und in der Nahsicht, also bei blitzschnell wechselnder Einstellung. Je besser die Grundeibnstellung augenoptisch aufbereitet wurde, desto sauberer und störungsfreier läuft dies im wahrsten Sinn blitzschnell und unter höchster Präzision ab. Da gibt es keine Ruhephasen!

Aber über diesen Weg wird bei sauberem prismatischen Aufbau erst über eine Zeitstrecke der echte zugrunde liegende Gesamtfehlwert aufgedeckt und in Korrektion übernommen. Sehen gelingt noch schneller und präziser! Nun kann ein stabilisierter, optimal vorbereiteter Wert, bei entsprechend hohem Gesamtfehlwert durchaus operativ angegangen werden und wird so optimiert. Das System ist in Idealstellung, sollte sich kein Restfehlwert mehr zeigen. Manchmal muss sogar anfangs eine Einleitungs-OP einen sehr hohen Fehlwert erst einmal im Winkel reduzieren, um für die feinere Rorrektion durch "Brille" zugänglich zu sein.

Niemand würde behaupten, das Augen, die von Geburt ideale Voraussetzungen mitbringen, zum Sehen "faule Augen" sind. Übrigens auch hinter einer korrekt angemessenen prismatischen Korrektion arbeiten die Augen so, dass sie einem individuellen Ideal sehr nahekommen. Deshalb sagen manche gar, dass Brillen dieser Art süchtig machten auf Brilletragen. In Wirklichkeit zeigt sie dem Träger nur die bessere Voraussetzung und Grundlage für ideales Sehen. Eine nicht optimal angemessene Prismenbrille bietet dem Träger dies nicht an. Verstanden?

Übrigens trägt ihr Sohn zur Zeit 7,50 cm/m Basis innen und 1,00 cm/m Basis oben links. Die Verschiebung der Bilder entspricht bei diesen Werten auf einem Meter Abstand 7,5 cm seitlich und links 1,0 cm höher. Das wäre zur OP zu wenig. Allerdings erlebt man es in der Praxis sehr häufig, dass aufgrund der aufgebauten Verspannung im Sehen, sich der wahre Fehlwert erst mit der Zeit stabilisiert und aufdecken läßt. Ärzte arbeiten durchweg nach ermittelten Schielwinkeln, diese weisen anfangs je nach Methodik schon höhere Werte auf, aber sind als Korrektionswert in der Brille dann oft unverträglich. Später können nach MKH bestimmte Prismen sogar höhere Werte annehmen, wie die oft sehr stabil aufzufindenden Schielwinkel. Erst langfristig gleichen sich beide Werte dann an und bieten dann beste Voraussetzung zur fälligen Operation. Eine zu niedrige oder gar zu hohe OP-Dosierung führt dagegen zu neuen erheblichen Verspannungen und teils sogar zu echten Doppelbildern, die ihr Sohn bei den gemessenen augenoptischen Werten wohl doch nicht haben sollte, oder nur sehr kurzzeitig bei Ermüdung.

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00

Liebe Sonja,

wie können Augen faul werden? Da versteht einer die Physiologie nicht. Augen sehen doch permanent und sie bewegen sich auch, sonst würde der Sehpurpur nicht gereizt werden und die biochemischen Vorgänge gebe es gar nicht und damit wären wir faktisch blind.

Zur Vorbereitung auf eine Schiel-OP sind Prismen auf jeden Fall sehr sinnvoll.  Meistens bekommt man mit einer ersten Messung nicht den vollen Wert der Abweichung der Augen von der Sehachse. Das kommt daher, dass die Augenmuskeln zum Ausgleich der Fehlstellung der Augen ständig stark über die Norm kontrahieren und verkrampfen.  Dieser Krampf löst sich häufig erst allmählich durch die Prismenkorrektionen.  Und daher kann man ersehen das Prismenwerte ansteigen können.  So etwas hat doch keinen Negativaspekt.

Der behandelnde Augenarzt kann für die Schule Empfehlungen aussprechen. Vorne sitzen mit geradem Blick an die Tafel, Zeitvorgaben für schriftliche Aufgaben, vergrößerte Kopien etc. pp.

A.M.

  

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant

Bild des Benutzers sojacla
Verbunden: 20. Juni 2012 - 20:07

Also, erst einmal herzlichen Dank für die tollen Antworten. So langsam lichtet sich der Dschungel. Ich bin schon ehrlich erstaunt, wie sehr man sich selbst zum Experten machen muss, um die richtige Vorgehensweise für sich und seine Kinder herauszubekommen.

Ihr habt mir wirklich schon sehr viel weiter geholfen. Eine Frage habe ich trotzdem noch. Mein Augenoptiker sagte zu mir, das Jan die Brille ständig und viel tragen sollte, um das es für ihn optimal wird. Die Orthoptistin an der Uniklinik in Marburg sagte mir, das Jan durchaus mal am Wochenende, wenn er ausgeschlafen ist und draußen spielt mal ohne Brille sein soll, weil die Augenmuskeln könne man noch trainieren. Auch soll er zum Beispiel einen kleinen Gegenstand ein Armlänge von sich weghalten und dann langsam zur Nasenspitze führen und das täglich, damit könne man auch die nach außen drehenden Augen trainieren. Was haltet ihr denn davon. Also mir scheint das die "Heilkundler" von "weiß" reden und die Augenoptiker von "schwarz" jetzt bildlich gesehen. Und als Laie muss man sich das Beste davon aussuchen.

Gruß

Sonja

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo Sonja,

wenn der Laie sich das Beste heraussuchen kann, braucht es weder AA, noch AO. Die Ktux ist aber er weiß es nicht und steht dazwischen. Wenn der Probant selbst betroffen ist, gibt es nur den einen Rat, er möge seinen Augen voll vertrauen und sonst niemand. Denn die Bilder in den Augen, weisen den besten Weg aus dem Dilemma.

Aber als Mutter, als Eltern ist es fast unmöglich, in diesem Meinungswirrwahr einen plausiblen Weg zu gehen. Aber fast unmöglich, bzw. zum Scheitern verurteilt ist ein Weg, indem man beiden Meinungen vertraut und die Aussagen und Ergebnisse dann miteinander verquickt. Das ist völlig daneben.

Ich bin immer froh, wenn Vater oder Mutter selbst dem Wagnis (ist es überhaupt eines?) einer optometrisch vollständigen Korrektion für sich stellt, und dann auch wirklich mitreden kann. Dies wäre ein besserer Weg.

Wenn die Brille momentan bestmöglich ist, wäre das Nichttragen derselben eine ganz empfindliche Bestrafung, schlimmer als Schläge. Denn die visuelle Aufbereitung der Werte kommt dabei ins Abseits! - Das ist Üben unter denkbar ungünstigen Voraussetzungen. Wie fragt AgnesMaria als Medizinerin(!) "Können Augen faul sein?" Nein,  aber sie können überfordert sein und werden (mit falscher Korrektion, und keine Korrektion ist auch falsche Korrektion!) - Will man das wirklich für sein Kind?

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00

Prismenbrillen sollten, es gib da auch spezielle Ausnahmen, in der Regel ständig getragen werden. 

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant