Hallo zusammen,
ich habe vor kurzem einen angeborenen Strabismus surso-adduktorius diagnostiziert bekommen (mit dem Nachsatz: ungeklärt ob eine Obliquus superior-Parese besteht). Anlass eine Orhoptistin aufzusuchen war, dass ich mich immer mehr von meinen Doppelbildern bei der Nahfokussierung beeinträchtigt fühle, auch wenn sie objektiv wohl schon immer bestanden.
Als orhoptischen Status gab man mir mit:
CT: F/N in PP und Zwh Hypertropie LA
APCT: in PP F bis -VD 10^N -VD35^
APCT: in Zwh F -VD4^N -VD30^
Mot.: keine A/V Symptomatik, Aufbl.0 - - VD16^Abbl. 0- - VD2^
Re-bl. -VD35^Li-bl. VD4^
Bielschowsky: Re-Neig. -VD2^ Li-Neig -VD25^
Ich habe mich damit auch bereits bei einer Uni-Augenklinik vorgestellt, allerdings bin ich trotz des wohl recht hohen Winkels und meiner subjektiven Beeinträchtigung hin und her gerissen, ob ich eine OP vornehmen lassen soll. Es würde mir sehr helfen, wenn ihr mir einige Fragen beantworten könntet - ich habe den Eindruck, dass hier sehr viele kompetente Menschen unterwegs sind:
- Was bedeutet der orthoptische Status eigentlich im einzelnen? Bis jetzt habe ich nur eine grobe Ahnung, dass die VD-Werte den Schielwinkel angeben und der Bielschowsky-Wert die Kopfneigung.
- Sind dies Werte, bei denen man grundsätzlich eine Operation empfehlen sollte? Ich weiß, letztlich ist natürlich die Frage, inwieweit ich persönlich mich beeinträchtigt fühle, aber weil ich es ja gar nicht anders kenne wäre es hilfreich zu wissen, ob die Werte schon überdurchschnittlich "schlecht" sind.
- Hat der Nachsatz in der Diagnose, dass es eine obliquus superior-Parese sein kann, irgendeine praktische Bedeutung? Nach dem, was ich im Netz so las, macht das für eine OP doch keinen Unterschied, oder?
- Wie kann man die Erfolgsaussichten einer surso-adduktorius-OP einschätzen? Im Netz lese ich oft, dass es sich bei Schiel-OPs grundsätzlich um komplikationsarme OPs handelt, aber das sagt ja noch nichts über den Erfolg... Angst habe ich insbesondere davor, dass die Doppelbilder, die ich im Moment bei der Fokussierung eines nahen Gegenstandes habe, auch beim Blick in die Ferne auftreten könnten?
- Mit der vorangehenden Frage zusammenhängend: Hier im Forum wird oft auf die Wichtigkeit von Prismenfolien im Vorfeld einer OP hingewiesen. Nun ist es so, dass ich Prismenfolien verschrieben bekam (vom urspr. Augenarzt, nicht dem später konsultierten potentiellen OP-Arzt). Mit diesen Folien konnte ich nun bei der Fokussierung eines nahen Gegenstandes im Grunde sofort ohne Doppelbilder sehen. Dafür war der Blick in die Ferne nicht mehr ohne Doppelbilder möglich, weshalb ich die Folien effektiv auch kaum länger als eine halbe Stunde tragen konnte, ohne dass mir stark schwindlig wurde... Letztlich ist das Ergebnis ja irgendwie logisch, die Folie bricht das Licht ja immer und "weiß" nicht, wann das Auge falsch steht... Meine Frage also: Macht die OP-Vorbereitung durch Prismenfolien bei surso-adduktorius dann überhaupt Sinn? Kann man Doppelbilder nach der OP anders ausschließen?
Mir ist schon klar, dass ich viele der Fragen im Grunde mit dem OP-Arzt diskutieren müsste. Falls ich mich zur OP entschließe, werde ich das alles auch noch einmal ansprechen. Um mir über die Entscheidung klarer zu werden, freue ich mich aber über jede Rückmeldung zu diesem leider etwas langen Posting. Ihr würdet mir einen großen Gefallen tun!
Ganz herzlichen Dank im Voraus!
Der orthoptische Befund weist m. E. Fehler auf. B ei einem Sursoadductorius in ist Hebung in Adduktion fast immer auch eine A- Esotropie vorhanden. Aber man kann auf Grund der Abdecktests nicht eindeutig erkennen ob hier nicht eine M. obl. Superior-Schwäche mit reinspielt, eventuelle auch eine Parese mit schon vorhandener Gegenparese bei Werten von 35 cm/m.
Ein Heßgitter, ein Synoptometerbefund und ein Diplopietest mit Rotglas wären sehr hilfreich.
Ich werde also aus der Ferne mit den damit bekannten Fehlermöglichkeiten versuchen den Befund zu kommentieren: Dabei habe ich aber auch Fragen an Sie. Doppelbilder seit wann? Nur Höhenverschiebung oder auch Seite?
Bei einem congenitalen Strabismus sursoadductorius besteht in der Kopfzwangshaltung (KZH) meistens binokulares Einfachsehen. Aber sie haben auch schon dort einen Höherstand des linken Auges, was dafür ungewöhnlich ist. Ein eindeutige Parese des M. obliqus superior macht die größten Doppelbilder bei Abblick, was bei Ihnen nicht der Fall zu sein scheint. Der Bielschowsky-Test spricht wieder mehr für eine Parese.Auch die Angaben zum Fern und Nahschielwinkel sprechen für eine Parese. Ohne zusätzliche Untersuchungen kann ich mich nicht eindeutig festlegen.
Zu 1.) Abdecktest bei Geradeausblick und in Kopfzwangshaltung Höherstand linkes Auge
alternierender Abdecktest bei Geradeausblick in Ferne Höherstand LA 10 cm/m, in Nähe 35 cm/m
alternierender Abdecktest in KZH Ferne 4 cm/m Höherstand links, in Nähe 30 cm/m
Augenbeweglichkeit: Kein A/V-Syndrom (Anm: bei einem adductorius sehr unwahrscheinlich) Aufblick 16 cm/m Höherstand LA, bei Abblick 2 cm/m (Wenn das wirklich so wäre müßte in der Nähe der Höherstand links beim Lesen keine Probleme machen)
Rechtsblick Höherstand LA 35 cm/m Linksblick Tieferstand linkes Auge von 4 cm/m
Kopfneigetest Rechts-Neigung 2 cm/m Höherstnd links, Links-Neigung 25 cm/m (spricht hier für einen Sursoa..)
zu 2.) Wenn Doppelbilder und eine KZH vorliegen spricht es für eine OP
zu 3.) Sursoadduktorius = M. obl. inferior- Überfunktion
M. obl superior-Parese = M. obl. superior- Schwäche, die Herangehensweise für die OP wäre unterschiedlich!
zu 4.) OP-Erfolge sind gut. Fern- und Nahwinkel können durch unterschiedliche Heranggehensweise an OP mit beeinflußt werden.
zu 5.) Bei einem sursoa. helfen nur bei Geradeausblick oder Nahblick Prismen. Ein Prismenaufbau kann man machen, muss man hier aber nicht unbedingt. Bei Abblick, also Nahfokusierung wurden aber nur 2 cm/m gemessen! Was stimmt nun? Ihr subjektives Gefühl und die Doppelbildangaben oder die Messung der Orthoptistin? Wie gesagt: der erhobene orthoptische Befund ist erstens etwas widersprüchlich und zweitens nicht ausreichend!
M.f.G.
A.M.
In allen Grenzen ist auch etwas Positives.
Immanuel Kant
Zunächst ganz herzlichen Dank für die Antwort. Ich sollte vllt klarstellen, dass der zitierte Befund von der ursprünglich aufgesuchten Orthoptistin stammt und es der potentielle OP-Arzt war, der dann neben dem sursoadduktorius auch die Parese ins Spiel brachte. Leider liegen mir genauere Ergebnisse der Untersuchung beim OP-Arzt nicht vor.
Kann leider mit den Begriffen nicht soviel anfangen, glaube aber, dass beim potentiellen OP-Arzt eine Untersuchung vor Heßgitter stattfand. Habe dazu leider die Ergebnisse nicht.
Erstmals bewusst wahrgenommen habe ich Doppelbilder in der Grundschule. Erste (pauschale) Diagnose eines Höhenschielens dann beim Augenarzt mit 16-18 (wobei anschließend keine orthopistische Prüfung angeraten wurde). Nun mit 26 stellt sich die Situation so dar: In den meisten Alltagssituationen keine Doppelbilder. Lesen mit Brille grundsätzlich kein Problem. Aber: Bei einer bestimmten Nahdistanz - etwa morgens, wenn ich mein Gesicht zum Rasieren im Spiegel betrachte - rutscht das Auge ziemlich schnell nach oben weg, so dass trotz Kopfschräghaltung Doppelbilder zu sehen sind. Zudem scheint es mir im Tagesverlauf schlechter zu werden, d.h. gegen Abend merke ich, dass ich unbewusst öfter das linke Auge zukneife. Schließlich begleitet mich den ganzen Tag eine Art "Druckgefühl" auf dem Auge, das mich am ehsten an einen leichten Muskelkater erinnert und auch gegen Abend tendenziell zunimmt.
Sie verstehen vielleicht an meiner nicht sonderlich eindeutigen Schilderung, weshalb ich hin- und hergerissen bin bzgl. einer OP: Einerseits kann ich den überwiegend Teil des Tages ohne Doppelbilder sehen und arbeiten. Andererseits fühle ich schon in einzelnen Situationen eine Beeinträchtigung.
Zur zweiten Frage: Mir scheint es eine Höhenverschiebung zu sein, mit höchstens geringen seitlichem Versatz.
Darf ich noch nachfragen, was die Angabe x cm/m bedeutet?
Tatsächlich ist Lesen, jedenfalls mit Brille, kein Problem.
Noch ein Mal herzlichen Dank für die Antworten!
Hallo foo,
es wäre gut wenn man dieUntersuchungen vom zukünftigen Operateur hier vorliegen hätte. Auch das Hess-Gitter.
Wenn das Lesen kein Problem darstellt ist es mit 90% Sicherheit ein einseitiger sursoadductorius. Bei den Problemen wäre eine OP sicher sehr hilfreich. Die Kopfzwangshaltung würde besser werden und auch die Doppelbilder werden weniger sein.
1 cm/m bedeutet eine Verschiebung von 1 cm pro 1 Meter oder 1 Prismendioptrie.
M.f.G.
A.M.
In allen Grenzen ist auch etwas Positives.
Immanuel Kant
Hallo zusammen, vielen Dank noch einmal für die Antworten vom vergangenen Sommer. Inzwischen habe ich mich zu der OP entschlossen und nach einer weiteren Untersuchung und Marlow-Messung lautet die Diagnose nun deorsoadductorius rechts und sursoadductorius links. Bei der OP soll am rechten Auge eine Obliquus Hinterrandtenotomie durchgeführt werden und am linken Auge eine Obliquus inferior Rücklagerung.
Dazu habe ich nun noch zwei Fragen: Erklärt der deorsoadductorius rechts das Fehlen des A/V Syndroms? Und ist das OP-Vorgehen so üblich?
Im Voraus herzlichen Dank & beste Grüße!