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Bild des Benutzers Seven
Verbunden: 2. April 2008 - 10:53
Sind kleine Schielwinkel wirklich inoperabel?

Ein herzliches Hallo an alle hier,

ich bin neu in dem Forum, habe aber schon vor meiner ersten Schiel-OP vor vier Jahren gelegentlich mal mitgelesen. Jetzt habe ich gewissermaßen einen Rückfall und habe gerade gesagt bekommen, dass man dagegen nichts tun könne. Ich muss leider ein wenig ausholen, um mein Problem zu verdeutlichen.

Ich habe laut Aussage meiner Eltern von Geburt an mit dem rechten Auge nach innen geschielt. Deshalb hatte ich ziemlich lange eine Behandlung, bei der das gute Auge abgeklebt wurde. Als kleines Kind war ich außerdem ziemlich weitsichtig, ich hatte so um + 5,0. Bis vor vier Jahren hatte sich dieser Wert auf +3,00 verringert. Meine Kontaktlinsen waren damals allerdings 1,5 Dioptrien stärker, ich war damit also künstlich kurzsichtig. Das hat mir vor Jahren ein Optiker gegen das Schielen empfohlen. Auch mein damaliger Augenarzt meinte gegen das Schielen könne man sonst „nichts machen“. Dummerweise habe ich ihnen geglaubt.

Erst 2003 las ich zufällig im Internet, dass sich gar nicht mal so wenige Erwachsene einer Schiel-OP unterziehen. Mitte 2004 wurde ich schließlich selbst operiert. Davor hatte ich natürlich eine Brille mit den richtigen Werten bekommen. Das war am Anfang ganz schön anstrengend, besonders die Augenmuskeln vom schielenden Auge haben zunächst fürchterlich „gezerrt“.

Ich weiß leider nicht mehr den genauen Winkel, ich hatte 13 oder 17 Prismendioptrien. Ich weiß nur noch, dass der innere Augenmuskel um 6 mm gelockert und der äußere um 6 mm gestrafft wurde. Die OP war ein voller Erfolg. Ich schielte nicht mehr und hatte sogar - zum ersten Mal in meinem Leben - ein (wenn auch grobes) räumliches Sehen. In die weite Ferne ging das Auge nur noch minimal nach innen, in die Nähe manchmal sogar minimal nach außen. Weil das aber extrem kleine Winkel waren, fiel mir das nur auf, wenn ich bewusst darauf achtete.

Bis vor einem Monat blieb das Auge mit minimalen Schwankungen stabil. (Dann bekam ich eine neue Brille, denn meine Werte haben sich in den vergangenen vier Jahren von +3,25 auf +2,00 verbessert. Leider habe ich das ziemlich spät bemerkt. Der Optiker verpasste mir vorsichtigerweise erst einmal eine Brille mit +2,5, also immer noch etwas zu stark. Doch schon damit habe ich enorme Probleme. Relativ schnell fing mein ehemaliges Schielauge an, über die normale Schwankungsbreite hinaus, nach innen abzurutschen. Und sogar mein nichtschielendes Auge geht hinter der Brille leicht nach innen, zumindest auf mittlere Distanzen. Ich habe seitdem schlimme Doppelbilder und die Augenmuskeln BEIDER Augen sind dauernd stark angespannt. Vor allem sehe ich ganz genau, dass das eine Auge wieder stark nach innen abweicht.

Nicht so schlimm, dachte ich zunächst, im schlimmsten Fall kann ich mich ja wieder operieren lassen. Dann ging ich zur nächsten Orthoptistin in meiner Nähe. Die diagnostizierte jedoch zu meinem Entsetzen sofort einen inoperablen Mikrostrabismus von 4 Grad. Nachgemessen hat sie nicht, nur geschätzt. Vielleicht sind es auch mehr, denn ich sehe das Schielen genau. Sie sagte auch noch, dass niemand in Deutschland einen Schielwinkel von unter 6 Grad operieren würde. Meinen Einwand, dass sich der Schielwinkel wahrscheinlich weiter vergrößert, wenn man die Brille auf meine eigentlichen Refraktionswerte abschwächen würde, wischte sie einfach beiseite. Außerdem meinte sie, dass es bei Erwachsenen sinnlos sei, die genauen Refraktionswerte unter Tropfen zu ermitteln, diese dann entsprechend auszukorrigieren und dann noch mal den genauen Schielwinkel zu testen.

Die einzige Möglichkeit, mir zu helfen, wären Prismen. Das kommt für mich jedoch überhaupt nicht in Frage, denn hinter einer Prismenbrille schiele ich sogar mit beiden Augen nach innen. Außerdem müsste ich dann nur noch mit Brille rumlaufen, das will und kann ich nicht. Welche Möglichkeiten habe ich noch? Und stimmt es, dass kleinere Schielwinkel nicht zu operieren sind? Ich freue mich über jeden Kommentar!

Liebe Grüße

Seven

Bild des Benutzers Kerstin Harms
Verbunden: 10. April 2002 - 0:00

Hallo Seven,

was in Deiner Kindheit gemacht wurde, war goldrichtig! Plus in der Brille, wirkt dem Innenschielen entgegen. Deshalb gibt man den Kindern auch gerne etwas mehr Plus, als subjektiv (also ohne zu tropfen) ermittelt wurde. Dadurch kann man auch die Prismen reduzieren. Durch so eine Schielbehandlung, begleitet von Abkleben, erreicht man, dass anstatt eines manifesten großen Schiel:wink:els ein Mikroschiel:wink:el übrig bleibt (man kriegt Schielen nicht weg, sobald eine anomale Netzhautkorrespondenz vorliegt!). Das ist V-max an zu erreichendem Erfolg.

Dann wurde bei Dir wahrscheinlich ein Prismenaufbau gemacht, bis der Wert von 17 Prismen erreicht war und man so einen gut zu operierenden Wert hat. Problem Alles was man damit erreicht hat, war, das der Mikroschieler wieder entgleiste und zum manifesten Schieler wurde. Wegoperiert hat man nur das, was man durch Prismen "aufgedeckt" hat. Der Mikroschiel:wink:el ist geblieben und wird immer bleiben!!!!! Den kann man nicht wegoperieren! Auch mein Sehen war nach der OP für 3 Monate genial, nun habe auch ich meinen Problemchen wieder....

Wenn Du nun asthenopische Beschwerden hast, hat sich auf den Mikroschieler eben wieder eine phorische Komponente draufgepackt. Was hier hilft Vorsichtige Prismengabe, und zwar nur motorisch ermittelt und auf subjektive Verträglichkeit runterkorrigiert. Also so wenig Prismen wie möglich. Sonst entgleist alles wieder, Du hast die nächste OP und dann geht die Reise wieder von vorne los.

Du brauchst entweder eine gute strabologische Abteilung oder aber, was noch besser wäre, einen guten MKH-Anwender, der sich mit Mikroschielen auskennt. Die MKH ist eine sehr gute ergänzende Messung beim Thema Schielen und mit ihr kann man am besten die subjektiv verträglichen Prismen ermitteln, weil die MKH-Messung viele Testreihen hat, nämlich motorische und sensorische (mal grob gesagt).

Was mir aber Rätsel aufgibt, ist Deine Beschreibung, dass Deine Augen unter höherem Plus nun vermehrt nach innen rutschen - das ist physikalisch eigentlich nicht möglich. Ich weiß nicht, was da noch hinter stecken könnte, aber vielleicht meldet sich hierzu noch jemand. Wie alt bist du denn? Das Alter spielt nämlich auch eine Rolle, vor allem, wenn die Alterssichtigkeit dazu kommt....

Viele Grüße
Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!

Bild des Benutzers Seven
Verbunden: 2. April 2008 - 10:53

Hallo Kerstin,

entschuldige, dass ich mich wohl etwas unklar ausgedrückt habe. Meine Augen gehen bei mehr Plus natürlich nicht nach innen. Ich habe einfach bis vor kurzen eine Brille mit +3,25 getragen, was vor vier Jahren mein "richtiger" Wert war. Irgendwann habe ich bemerkt, dass sie zu stark war. Daraufhin wurden an einem Refraktionsgerät +2,0 gemessen. Der Optiker empfahl mir aber, erst mal nur auf +2,5 runterzugehen. Ich bin übrigens 32.

Als Kind wurde ich NICHT überkorrigiert, erst als Erwachsene vom Augenoptiker. Irgendwann hatte ich aber einfach keine Lust mehr, wie ein blinder Maulwurf herumzulaufen, obwohl ich eigentlich auf beiden Augen sehr gut sehen kann. Vor der OP habe ich etwa 2 Monate Prismen getragen. Allerdings wurde kein Prismenaufbau vorgenommen, denn der damals gemessene Schiel:wink:el (ich denke, es waren eher 13 Prismendioptrien) blieb von Anfang bis Ende absolut unverändert. Damals hatte ich definitiv keinen Mikrostrabismus, sondern ein deutlich zu sehendes Schielen (auch wenn der Winkel nicht sooo groß war).

Mein Parallelstand (mit kaum wahrnehmbaren Schwankungen) blieb nach der OP immerhin vier Jahre stabil. Und das, obwohl ich draussen öfters mal ohne Brille herumgelaufen bin. Erst mit der nun schwächeren Brille gab es, sozusagen aus heiterem Himmel, ein Rezidiv. Nur vertrage ich das erneute Abrutschen überhaupt nicht. Ich habe sogar das Gefühl, dass mein Gehirn verzweifelt versucht, wieder einen Parallelstand der Augen herbeizuführen. Es gelingt ihm nur nicht.

Ehrlich gesagt, würde ich mich ohne Zögern wieder operieren lassen. Und wenn man durch Prismen wieder einen operierbaren Winkel bekommt, werde ich das machen. Eine andere und für mich schlechtere Lösung wäre es, wieder die zu starke Brille zu benutzen. Eine Prismenbrille allein wäre allenfalls eine Übergangslösung, da ich damit sogar mit beiden Augen nach innen schiele (also auch mit meinem eigentlich nichtschielenden Auge). Außerdem müsste ich die Prismenbrille dann IMMER tragen, selbst wenn ich mal ausgehe. Eine Horrorvorstellung.

Bild des Benutzers Kerstin Harms
Verbunden: 10. April 2002 - 0:00

Ah ja, dann wurde also mittel Plus-Überkorrektion dem Innen-Schielen entgegengewirkt. Ist natürlich nur die halbe Miete, wenn Du mit so einer Korrektion schlechter siehst. Prismen wären da ggf. besser, würden den Winkel aber u. U. wieder größer werden lassen und Prismen willst du nicht, hmmmm.

Als Kind hattes Du aber eine Schielbehandlung - deshalb verblieb ein Mikroschieler. Diese Mikro:wink:el entlgeisen im Erwachsenenalter gerne wieder - dann hilft halt eine OP.

Die Orthoptistin hat, wie Du sagst, nicht richtig nachgemessen - ich denke, Du solltest Dir noch eine zweite Meinung einholen und eine gute Augenartzpraxis mit guter Strabologieabteilung aufsuchen. Wenn Du schon Dein Schielen sieht, dann ist der Winkel garantiert größer als nur 4 Grad! Du brauchst eine genaue Untersuchung. Ggf. ist ja auch eine zweite OP jetzt schon möglich, weil der Winkel über 4 Grad ist (ich gehe davon aus, dass er größer ist). Du beschreibst Doppelbilder - das kann kein Mikrostrabismus mehr sein!

Viele Grüße
Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!

Bild des Benutzers Seven
Verbunden: 2. April 2008 - 10:53

Hallo Kerstin,

herzlichen Dank erst mal für Deine ausführlichen Antworten! Vielleicht hat die Orthoptistin meinen Schiel:wink:el deshalb nur auf 4 Grad geschätzt, weil sie verhältnismäßig dicht vor mir saß. Mein jetziger Winkel ist in der Nähe bedeutend kleiner als in der Ferne. Das war bereits bei meinem ursprünglichen Schiel:wink:el so. Wie ich gelesen habe, scheint es auch Fälle zu geben, in denen es genau umgekehrt ist, also der Nahschiel:wink:el größer als der Fernschiel:wink:el ist. Warum das so ist, weiß ich leider nicht.

Dass mein Brillenwert erst Anfang 30 plötzlich um über eine Dioptrie gesunken ist, obwohl er von 17 bis 29 unverändert blieb, kann ich mir ebenfalls nicht erklären. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass ich seit der Schiel-OP meine harten Kontaktlinsen nicht mehr trage. Oder auch, dass ich viel am Computer arbeite. Dabei ist es ja durchaus angenehm, wenn man etwas überkorrigiert ist. Die Augen ermüden dann einfach weniger schnell.

Ich habe im Internet schon öfters von Leuten gelesen, die dauerhaft ein paar Prismen in ihrer Brille tragen. Das wundert mich immer ein bisschen, da ich ja - wie gesagt - hinter Prismengläsern sichtbar schiele und dann auch nicht mehr ohne Brille sehen könnte. Vielleicht bin ich auch ein bisschen zu eitel, aber ich will einfach ab und zu auch mal ohne Brille herumlaufen können. Als mäßig Weitsichtige ist das ja durchaus möglich. Prismen kann ich also höchstens zur Vorbereitung einer neuen OP tragen.

In der Uniklinik, in der ich operiert wurde, hat man mir damals übrigens gesagt, dass die Abklebetherapie in meiner Kindheit lediglich die Schwachsichtigkeit des schielenden Auges verhindert hat, nicht aber das eigentliche Schielen beseitigen konnte. Eine Schiel-OP hatte ich als Kind nicht. Na ja, immerhin erreiche ich heute auch auf dem „schlechten“ Auge 90 Prozent, weshalb ich aber auch massive Doppelbilder habe.

Beste Grüße

Seven

Bild des Benutzers Georg Scheuerer
Verbunden: 16. Januar 2003 - 0:00

Hallo Sven,

ich denke wie Kerstin das der Winkel etwas größer ist als die Orthoptistin meint. Den Vorschlag erstmal mit den Prismen zu arbeitem mit dem Ziel stabilisierend auf das visuelle System zu wirken - und vor allem die Doppelbilder beseitigen. Falls das mit nur geringen Prisemn gelingt wirkt sich das auf die Kosmetik kaum aus (bei 10 cm/m ca. 1mm)
Wenns mehr wird - dann ist eine OP wahrscheinlich eine mögliche Lösung. All dies muss natürlich mit Dir zusammen - der/die Arzt/Orthoptistin entscheiden.

viele Grüße und viel Erfolg
Georg