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Bild des Benutzers Kerstin Harms
Verbunden: 10. April 2002 - 0:00
sinkende Prismenwerte

Hallo,

nun schreibe ich einmal wieder als Betroffene

Mein Sohn hat ja seit fast 5 Jahren stetig steigende Prismenwerte (immer exo), selbst ein Augenfacharzt in Berlin prognostizierte mir vor 1.5 Jahren, dass Lukas auf eine OP "hinlaufe", denn er gab auch schon 30 Prismen bei einer Messung her. Zuletzt hatte er nun 14 Prismen, nur motorisch auskorrigiert. Diese Werte trug er fast ein Jahr. Nun war ich zur Nachmessung Die Pluswerte sind weiter zurückgegangen (von 0,75 auf 0,5 re sowie von 0,5 auf 0,25 li.). Die nun gemessenen Prismenwerte betragen nur noch 10 Prismen!

Was kann die Ursache sein?
1. Kindliches Wachstum?
2. Mobilisierung der Halswirbelsäule (KISS Kind)?
3. Kompensiert er zur Zeit verstärkt und hat eventuell aufgrund einer gewissen Tagesform "nur" die 10 Prismen hergegeben? Ich habe nämlich die Auskorrektion bewusst nur ganz langsam vorangetrieben (würde ich bei einem Erwachsenen nicht empfehlen), weil ich der Meinung bin, ein Kind wächst und damit kann sich auch bei den Augen immer noch sehr viel tun. Deshalb wollte ich ihn so spät wie möglich operieren lassen.

Wer von den Fachleuten hier hat schon einmal ähnliche Beobachtungen gemacht und kann mir hierzu schreiben?

Viele Grüße
Kerstin

Bild des Benutzers Eberhard Luckas
Verbunden: 29. September 2002 - 0:00

Hallo Kerstin,

das ist doch eigentlich positiv, oder?

Deine 3 Vermutungen können alle zutreffen.
Aber Sind die 10 Prismen auch nur motorisch bedingt, also am Kreuz gemessen? Kann Lukas in jeder Situation optimal sehen ohne Anstrengungsbeschwerden?

Eine weitere Ursache kann die Verringerung der Hyperopie sein, wenn auch nur in geringem Maße.

Viele Grüße
Eberhard

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo, Kerstin

ich denke eher in eine andere Richtung.
Wenn nur der "motorische Anteil" korrigiert wird, hier handelt es sich um den Teil, der "Muskulär", also durch Kraft kompensiert werden muss. Dies stört am empfindlichsten!
Deshalb versucht der Körper alle diese Belastungen, wenn nur möglich, in sensorische (dies sind weniger "direkt" belastende) nervliche Bereiche abzuleiten. Das also der motorische Bereich eines grossen Fehlers sinkt, ist eine bewährte und bekannte Situation.

Allerdings spielen Kreislaufprobleme, notorische Unruhe, AD(H)S etc. sich durchaus negativ im Körper aus. Deshalb wäre ich nicht froh, weniger motorischen Anteil zu finden, sondern suche nach dem Gesamtfehlwert und diesen bei Bedarf halt auch operative zu erfassen, und zwar so früh als möglich.

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers Kerstin Harms
Verbunden: 10. April 2002 - 0:00

Hallo Eberhard und Paul-Gerhard,

danke für Eure schnellen Antworten.
Lukas wurde m. E. am Kreuz gemessen und sollte auf eine Uhr in der Ferne schauen. Obendrein noch die Kringel auf rotem und grünem Hintergrund und dann immer wieder die Buchstabenreihe lesen.Bei der Messung selbst sitze ich immer gerne etwas weiter weg um die Ecke und trinke einen Kaffee (das Kind ist ohne Mutter unbefangener). Damals in Berlin gelang schon keine sensorische Stabilität (sagt man das so?). Jedes Mal, wenn wir sensorisch korrigieren wollten, schwankten die Werte enorm! Es war jedes Mal anders (alles von 7 bis 30 Prismen) Mein Optiker korrigiert ihn bewusst nur motorisch, was er übrigens bei Kindern meistens nur macht. Er hat es mir auch erklärt, warum, das bekomme ich hier in Kürze aber nicht hingeschrieben.

Lukas sagt, er kann mit der jetzigen Brille nah UND Fern gut sehen. In der Ferne sieht er aber auch ohne Brille recht gut, die meisten Probleme hat er bei den Hausaufgaben und beim Fernsehen oder am PC. Insofern darf er die Brille mittlerweile auch zum Spielen weglassen (ich möchte ihn auch einfach mal "laufen" lassen, er hat es in vielen Dingen schon schwer genug).

Er ist ein ADS Kind (ohne Hyperaktivität) und bekommt Medikamente in sehr geringer Dosierung - diese allerdings nur an Schultagen morgens, die Messung war an einem Samstag Morgen. Die 14 Prismen dereinst hatte er auch ohne Medikamente - insofern waren diese Bedingungen quasi identisch.

Die Behandlung der HWS liegt schon 1,5 Jahre zurück, mit einer Nachbehandlung vor einem Jahr. Ich weiß nicht, wie lange der Zeitraum anzusetzen ist, in dem diese Mobilisation auch noch auf das Sehsystem nachwirken kann.

Bei meiner Tochte gehen die Pluswerte übrigens auch seit 2 Jahren rapide zurück, mitlerweile ist sie bei 0,25 beidseits - ihre Prismenwerte bleiben aber konstant (sind nur 3 horizontal, eso).

Natürlich freue ich mich riesig über die gesunkenen Prismenwerte, aber da ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte (tippte eher auf die 20 ab der jetzigen Messung) und von solchen Fällen bei Kindern noch nicht gehört habe, kam mir das alles etwas spanisch vor.

Dennoch, lieber Paul-Gerhard, sollte die Tatsache, dass sinkende Prismenwerte bei Kindern durchaus vorkommen, uns und vor allem Euch Optiker nicht vielleicht auch dazu anhalten, nicht allzu schnell ein Kind mit stetig steigenden Werten voll auskorrigieren zu wollen, sondern auch durchaus einmal langsamer mit der Korrektion voranzuschreiten, um abzuwarten, was sich beim Kind selbst nicht vielleicht noch durch Wachstum tut? Eine OP ist immerhin ein Eingriff, nicht ganz ohne Risiken. Und warum etwas voreilig operieren, was sich vielleicht noch auswachsen kann. Dies sind Gedankengänge einer Mutter, mehr nicht, aber vielleicht einer Diskussion mit Fachleuten wert, die täglich Kinderaugen messen. Zumal ich mit der neuen Situation nun auch nicht mehr so ganz weiß, was ich anderen Müttern raten soll.

Liebe Grüße
Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo, Kerstin

ich kenne zwar schwankende Prismenwerte sehr wohl! Vorallem aufgrund organisch bedingter Störungen z.B. durch die Schilddrüse.

Aber ich habe bislang keinen Fall in meiner Praxis erlebt, wo echt zu viel operiert worden war. Teilweise gab es mal dem Anschein nach eine Überreaktion nach der OP, aber langfristig kenne ich eigentlich nur über dem OP-Wert stabilisierte Zustände oder eine später noch höhere Korrektion. Wer andere Erfahrungen kennt, sollte unbedingt auch die Ursache ergründet haben, diese waren nie das Lebensalter, aber i.a.R. falsch (oft zu kurz) vorbereitete OP´s. Denn eine Messung kann durchaus mal falsch ausfallen, vorallem wenn noch grosse Defizite bestehen. In meinem Klientel bin ich hier sehr rigride, und verweise erst eindeutige Fälle zu einem Facharzt zwecks OP. Oftmals wird nach der hierbei erfolgten "2. Meinung" von mir bis zu einer OP selbst weiterkorrigiert. Keinesfalls nur im Bereich des Muskeltonus.

Wer den muskulären Teil zu korrigieren versucht, verringert die Anstrengungsprobleme im Sehen, mehr nicht!
Er schafft aber gerade dadurch sogar "neue" falsche sensorische Fixationszentren und kann niemals Beschwerdebilder abauen, die sensorisch, also nervlich falsch laufen. Er wird also wohl kaum Hilfe bieten können, wenn mit WF kombinierte oder zusammenhängende Störungen (Migräne, AD(H)S, aber vorallem bei Kindern auch Lese-Rechtschreib-Verarbeitungsstörungen, u.s.w.)vorliegen. Denn hier ist immer "Sensorik" zuständig! Diese aber wird bei rein muskulär angegangener Korrektion nur noch mehr verschachtelt und versteckt.

Korrigiere ich in der Sensorik, muss ich mir meiner Korrektionsschritte sehr sicher sein, sonst verschlimmbessere ich den Ausgangsstatus. Deshalb bleiben viele Kollegen mit der Motorikkorrektion (aber leider nur scheinbar) auf der "sicheren Seite"!?

Kannst Du das nach vollziehen? MKH ist aber keinesfalls nur Korrektion im Anteil der Motorik, aber das weißt Du ja doch selber!

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Nachschub

1) Nicht das ich falsch verstanden werde. Vor dem Beginn einer WF-Versorgung steht obligatorisch ein Besuch beim Facharzt der Augenheilkunde, um den medizinischen Status abgeklärt zu haben.

2) Warum schwanken "sensorische Wertangaben"?
Weil nervlich blitzschnell umdisponiert wird und das richtige GUCKEN einfach nervt, genauso wie beim Lesen und Lernen (Schreiben).
Aber man kommt nur hinter diese Defizite, wenn man es wagt, nach allen Regeln der MKH dieselben anzugehen. Ignoriert man diese Störungen, schafft man durch die veränderte Grundposition nur anders gelagerte Verspannungen. Je besser der Probant lernt, diese wieder neu zu kompensieren, desto unzugänglicher kann das echte Defizit sich verschachteln. Letztlich braucht es nur noch häufigere Korrektionsschritte, oder es wird sogar die Korrektion aufgegeben.

Es ist auch keinesfalls eine Hilfe, die Brille beim Spielen mal abzulassen. Dies wird übrigens nur gerne angenommen, wenn im motorischen Bereich korrigiert wird, da hier einfach mal andere Komponenten miteinander spielen können (Training). Im sensorisch gut erfassten Bereich, dürfte sich das Kind sogar wehren, wenn es ohne Brille sehen soll.

Allerdings sollte im sensorischen Bereich jedes Ergebnis, wie ich es immer wieder betone, im Prüfraum abgegeben und kontrolliert werden, es sollte anhand eines differenzierten Fragebogens, das Restbeschwerdebild verglichen und stimmig bleiben (keine Verschlechterungen) und es sollte im Abstand von sechs Monaten +/- 3 Monaten nachkorrigiert werden. Dabei bestätigen sich vorherige Korrektionsschritte in aller Regel und das Ziel des besten Sehens wird so gut angegangen. Heute zählen auch regelmässige Schrift- und Malproben zu der Gesamtbeurteilung meiner kleinen Probanten.

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers Eberhard Luckas
Verbunden: 29. September 2002 - 0:00

Hallo Kerstin,

noch eine Ergänzung.
Du schreibst "Jedes Mal, wenn wir sensorisch korrigieren wollten, schwankten die Werte enorm! Es war jedes Mal anders (alles von 7 bis 30 Prismen)"


Bei solchen "sensorisch" gemessenen hohen Werten kannst Du getrost davon ausgehen, daß die Motorik nicht voll korrigiert war.
Es passiert häufig, daß am Kreuz keine Verstärkung mehr möglich ist, aber durch weiteres Vorgehen an den sensorischen Testen hohe Werte zusätzlich gefunden werden. Das ist nichts anderes, als daß sich ein weiterer Muskeltonus abgebaut hat. Wenn noch stimmt, was Haase gesagt hat, daß eine FD selten höher ist als ungfähr 4cm/m ist also alles was darüber liegt, motorischer Ursache. Aber da ist ja zur Zeit auch eine Diskussion unter Fachleuten im Gange, ob dieser Bereich nicht noch viel kleiner ist.

Viele Grüße
Eberhard

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers Kerstin Harms
Verbunden: 10. April 2002 - 0:00

Danke nochmals an Euch beide,

ich denke, ich habe Paul-Gerhards Erklärungen gut nachvollziehbar verstanden. Jetzt plagt mich doch ein wenig ein schlechtes Gewissen gegenüber meinem Sohn. Die motorische Korrektion brachte ja schon etwas Besserung, sensorische Korrektion ist mühsam, wohl auch für das Kind - und Lukas geht gerne den Weg des geringsten Widerstandes. Seine Rechtschreibung ist zwar etwas besser geworden, aber immer noch nicht befriedigend (man hat ihn vor 2 Monaten zum Glück erst einmal als Legastheniker anerkannt - das gibt uns ein wenig Luft für die nächsten Jahre).

Ich werde mit meinem Optiker reden und dann mal sehen, wie wir weiter verfahren. Für mich ist halt auch der Weg nach Berlin jedes Mal sehr anstrengend alleine mit Kind und auch recht zeit- und kostenintensiv, insofern habe ich mich mit dem Status Quo wohl auch zufrieden gegeben....lieber den Spatz in der Hand...

Liebe Grüße
von einer nachdenklichen Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo, Kerstin

ich danke Dir für Deine Fragestellung.

Und ich hoffe darauf, dass es Kollegen und betroffene Eltern von den Antworten her verinnerlichen. Genau hier liegt allermeist auch die Schnittstelle zum Visualtraining bei verunsicherten Kollegen und ihren Probanten. Dabei wird nur noch tiefer verschachtelt und verwoben, da eine zwar mögliche, aber nicht so einfach zugängliche Korrektion letztlich von Fachleuten verhindert wird. Jetzt mehren sich aber schon unzufriedene Anwender in der Funktional-Optometrie, da anfänglich positive Erfolge sich oft nicht fortsetzen (können!).

Wieviel ehrlicher ist mir da der zwar mühsame, aber bislang allermeist erfolgreiche Weg der vollständigen MKH. Selbst wenn es über die eine oder andere OP laufen sollte.

Langfristig hat man hier für das Kind und sein Sehen weit mehr erreicht, dass darfst Du mir glauben. Und deshalb denke ich, sind solche Erfahrungen auch für Dich und Deine Selbsthilfegruppe sehr wichtig und wertvoll.

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)