Hallo alle zusammen,
bei meinen Diskussionen mit Augenärzten und Orthoptisten werde ich immer wieder pauschal auf die Zycloplegie als einzig richtige Bestimmung von refraktiven Werten bei Kindern hingewiesen. Mit den üblichen Kommentaren, dass ich als Augenoptiker von Kindern die Finger zu lassen hätte.
Selbst bei intensivem Nachfragen war aber niemand bereit oder auch in der Lage mir zu erklären, warum dies so ist.
Kann mir vielleicht jemand bei diesem Dilemma helfen?
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17. März 2005 - 19:29
#1
warum Zycloplegie?
Ich habe zwar keine Ahnung und bin auch nicht vom Fach, aber in meiner langen Rolle als Patientin analysiere ich das mal und nenne es schlichtweg
Kompetenzgerangel...
Gott schenkt Dir das Gesicht. Lächeln musst Du selber!
Das ganz sicher. Und dennoch denke ich, dass ja irgend etwas an dieser Aussage dran sein muss. Ich bin wirklich sehr gespannt.
Vielleicht übersehe ich ja auch irgend etwas, was sehr einfach zu erklären ist
Hallo,
ich habe mal gelesen, dass bei Kindern durch Zycloplegie (Tropfen, die die inneren Augenmuskeln lähmen), störende Faktoren, beispielsweise starke kindliche Unruhe oder falsche Auskünfte in der subjektiven Augenprüfung vermieden werden, damit das vollkommen gelähmte Auge dann exakt vermessen werden kann. Wie weit ein durch Medikamente gelähmtes Auge noch korrekt vermessen werden kann, können die Mediziner sicher besser erklären.
Grüße sendet
cs
Hallo,
warum ist es dann so ein Durcheinander bei den Meinungen, wieviel von der Stärke, die unter Zycloplegie gemessen wurde, auch verwendet wird? Der eine Doc nimmt 2/3, der andere zieht +1- +1,5 ab, der nächste versucht Vollkorrektion.
Ich habe oft sogar höhere Pluswerte gemessen als der Arzt, wenn ich eine Nahskiaskopie gemacht habe.
Gruß
Eberhard
Viele Grüße
Eberhard
Ein Arzt den ich kenne guckt einfach (bei Kindern die subjektive Aussagen machen können), wieviel das Kind tatsächlin (ohne Weitstellen) dann auch annimmt...das erscheint mir sinnvoll, oder?
Gott schenkt Dir das Gesicht. Lächeln musst Du selber!
Hallo Kerstin,
das ist nur sinnvoll, wenn er erst zu hohe Pluswerte in die Messbrille setzt und langsam mit steigendem Visus diese Werte wieder abbaut. (Nebelmethode)
Gruß
Eberhard
Viele Grüße
Eberhard
genau das ist das Problem dem ich immer wieder gegeüberstehe und bei dem ich immer wieder auf geradezu diktatorische Ausbrüche treffe. Der eine Arzt subtrahiert mal dies, der andere mal eben das.
Wenn ich schon genau messe, dann gebe ich den Kindern doch diese Werte und schätze nicht einfach irgend etwas!
Dann kann ich die Prozedur mit den Tropfen auch gleich sein lassen und dem Kind Werte anbieten, mit denen es dann tatsächlich auch sehen kann!
Oder sehe ich die Sache viel zu einfach und übersehe etwas?
Tatsache ist zumindest, dass die von mir korrigierten Kinder mit ihren Brillen spontan etwas anfangen können und nicht erst von ihren Eltern zum Tragen gezwungen werden müssen.
Leuten wie Euch würde ich mein Kind anvertrauen
Gott schenkt Dir das Gesicht. Lächeln musst Du selber!
Hallo alle miteinander,
ich versuche mal eine Erklärung (ich beschränke mich der Einfachheit halber auf die Hyperopie/Weitsichtigkeit)
1. Säuglinge, Kinder, Jugendliche (und auch manche Erwachsene) können über die Akkommodation (Fähigkeit des Auges, die Linse auf die Nähe einzustellen, wie bei einer Autofocus-Kamera) die Brechkranft ihrer Augen nahezu spielnd verändern.
Das führt dazu, daß der wirklich objektive Wert der Brechkraft (Refraktion) nicht ohne eine Zykloplegie zu ermitteln ist.
2. Normalerweise gebraucht man die Akkommodation für die Naheinstellung. Weitsichtige (hyperopie) Kinder müssen jedoch die Akkommodation auch für die Ferne einsetzen, um ein deutlicheres Bild zu bekommen. Bis zu einem gewissen Grad macht dies kein Problem, weshalb man nicht bei allen kleinen Kindern eine Brille verordnet (Kleinkinder sind i.d.R. hyperop! sozusagen eine Vorgabe der Natur, ansonsten würden alle Menschen im Laufe des Wachstums myop / kurzsichtig).
3. Zur Akkommodation gehört auch ein Innendrehen der Augen (weil normalerweise in der Nähe gebraucht, klar, oder?), und da beginnt das Problem. Bei einer nicht entsprechend auskorrigierter Hyperopie, weil die Brechkraft nicht objektiv in Zykloplegie ermittelt, kommt es zu einem Innenschielen. Je nach dem latent (versteckt) oder manifest (sichtbar). Aus einem zunächst latenten Schielen kann auch ein manifestes werden (v.a. Kinder sind da gefährdet, da ihr Ausgleichssystem noch sehr labil ist!).
4. Es gibt eine Richtlinie, wieviel von dem objektiven Wert dann als Brille verordnet wird (i.d.R. wird eine halbe Dioptrie abgezogen). Allerdings kann davon, abhängig vom übrigen Befund (Vorgeschichte, Beschwerden, Schielen oder nicht, familiäre Auffälligkeiten, organische Veränderungen, usw.), auch abgewichen werden. Der Mensch ist nun mal keine Maschine, und es müssen individuelle Aspekte berücksichtigt werden.
5. Ich persönlich, und viele meiner KollegInnen, berücksichtigen zusätzlich einen subjektiven Feinabgleich, der je nach Alter und Auffassungsgabe der Kinder gemacht werden kann.
Bitte um Rückmeldung, ob meine Ausführungen verstanden werden konnten.
Danke
Gruß
L.
Verstanden habe ich es eigentlich schon, nur ergeben sich diverse Fragen
zu 1. wenn die Akkomodation nahezu spielend verändert werden kann, gilt das ja dann auch für die Deakkommodation. Eine Zycloplegie ist insofern nicht notwendig.
zu 3. und 4. und da ist für mich das entscheidende Problem
wenn ich nach einer Richtlinie einen Teil der Werte wieder reduziere, indiziere ich damit ja wiederum ein Innenschielen. Ein lösen der vorhandenen Problematik ist allenfalls schwächer aber nicht gelöst.
Der Mensch ist eben keine Maschine
Und jetzt das entscheidende
unter Punkt 5 schreibst Du,dass Du für das Verordnen der Brille subjektiv misst.
insofern ist dann ja die objektive Messung wiederum hinfällig und überflüssig.
Bitte warum wird sie gemacht? Ich bin leider genauso schlau wie vorher.
Deine Ausführungen bestätigen eher, dass das Weittropfen der Augen nicht für das Verordnen einer Brille notwendig ist.
Für diagnostische Hintergrundbetrachtungen ganz zweifellos, das ist gar nicht die Frage
Gruß
Dirk
Wie schade, ich hoffte wirklich mehr erfahren zu können.
Vielleicht kann ich ja doch noch auf eine schlüssige Erklärung hoffen?
Hallo Dirk,
es gibt keine schlüssigen Erklärungen ausser, das wurde immer so gemacht .
Ich habe beste Erfahrungen mit der Nahskiaskopie gemacht mit anschließender subjektiver Refraktion, allerdings mit Nebelgläsern vor der objektiv gemessenen Stärke. Meine Werte sind oft höher (+) als unter Zycloplegie gemessene und verordnete AA-Werte. Das schöne daran ist, dass meine Werte auch verträglich sind und die Brillen getragen werden.
Nochmal schöne Ostern
Eberhard
Viele Grüße
Eberhard