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Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00
Was ist das?

Vielleicht können mir die hier mitlesenden Orthoptistinnen weiterhelfen.

Heute habe ich den Befundbericht einer großen Universitätsaugenklinik erhalten mit der Diagnose divergentes Retraktionssyndrom.

Ich kenne zwar das Retraktionssyndrom nach Stilling - Türk - Duane als Typ 1, Typ 2 und Typ 3. Aber sowas ist mir neu.

Gibt es jetzt noch einen neuen Typ von dem ich noch nichts weiß, weil darüber bis jetzt noch nichts publiziert wurde?

Was kann oder sollte ich mir darunter vorstellen?

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Evtl. "Refraktionsyndrom", aber da die Refraktion monokular (einäugig) gemessen wird, wie wäre es mit Kurzsichtigkeit (divergentes Lichtbündel), also nimmt sehr schnell zu viel "Minus" an bei einer Überprüfung?

Viele Grüsse

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00

Paul-Gerhard Mosch schrieb

Evtl. "Refraktionsyndrom", aber da die Refraktion monokular (einäugig) gemessen wird, wie wäre es mit Kurzsichtigkeit (divergentes Lichtbündel), also nimmt sehr schnell zu viel "Minus" an bei einer Prüfung?

Nein, nein, Herr Mosch, es geht um ein Re_t_raktionssyndrom. Es ist eine kongenitale Motilitätsstörung. Das allererste Anzeichen dafür ist eine Retraktion, also Zurückziehung des Augapels in die Orbita. Vor allem beim Versuch der Adduktion. Ursache sind strukturelle Veränderungen des Faszienapperates und der Augenmuskeln. Elektromyographisch bestehen Innervationanomalien die auch als paradoxe Innervation bezeichnet werden.

Folgende Symptome sind vorhanden
- Beim Versuch der Adduktion wird der Augapfel in die Orbita retrahiert, dabei kann er sogar vom Unterlid abgezogen werden,
- Adduktion und Konvergenz sind eingeschränkt,
- Verengung der Lidspalte bei Adduktion, Erweiterung bei Abduktionsversuch, Fehlen oder hochgradige Herabsetzung der Abduktion
- die passive Motilität d.h., das Bewegen des Augapfels mit einer Faßpinzette ist häufig in der Horizontalen eingeschränkt

Typ I Das Abduktionsvermögen ist aufgehoben. Bei Adduktion kommt es zur Retraktion des Bulbus mit der Verengung der Lidspalte.

Typ II Bei regelrechter Abduktion ist das Adduktionsvermögen herabgesetzt oder aufgehoben. Beim Versuch zu adduzieren kommt es zur Retraktion des Bulbus mit Lidspaltenverengung

Typ III Motilitätseinschränkungen der Vertikalmotoren unter Retraktion des Bulbus

Das ist das, was ich darüber weiß.

Ein divergentes Retraktionssyndrom ist mir aber noch nie untergekommen. Vielleicht kann mir ja Linus oder auch andere weiterhelfen.

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Uff, ein klein wenig hätte ich doch wissen müssen, Danke!

Viele Grüsse

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00

Paul-Gerhard Mosch schrieb

Uff, ein klein wenig hätte ich doch wissen müssen, Danke!

Hätten Sie nicht gemusst.

Gut 10% der Retraktionssyndrome sind mit einer divergenten Augenstellung vergesellschaftet. Aber ein divergentes Retraktionssyndom ist mir wirklich neu.

Die Motilitätseinschränkungen des betreffenden Patienten treffen, was die Abduktion und Adduktion betrifft, schon ein wenig zu, aber eine Retraktion ist eben nicht mal ansatzweise ersichtlich, egal ob bei Adduktion, Abduktion, Blickhebung oder Blicksenkung. Dazu kommen noch diverse gegensätzliche Befundungen die sich zusätzlich teilweise bzw. vollständig widersprechen. Als ich das las dachte ich wirklich ich habe da was essentielles übersehen und zweifelte an mir. "Meine" Orthoptistin, die Herren Kollegen, die den Patienten davor sahen und auch die jahrelang geführte Krankenkartei sowie mein Gedächtnis sprachen aber gegen die dort erhobene "neue" Diagnose und den Befund. Die Fachliteratur übrigens auch.

Aber man wollte unbedingt eine zweite und dritte Meinung und hat sie nun. Therapeutisch hat das keine Konsequenzen.

Aber die Diagnose einer Universitätsaugenklinik steht, auch wenn es diese Diagnose nach meinen Dafürhalten nicht gibt, über der einer Provinzpraxis oder kleinen Augenstation einer Provinzklinik. Da kann man nichts machen.

Oder gibt es das divergente Retraktionssyndrom wirklich und ich bin nur nicht belesen genug? Ich lasse mich gern belehren.

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Darstellungen von divergenten Retrak.syndr. gibt es einige.
Literatur u.a.
1. Maruo T et al. Duanes Syndrom Jap.J.Ophthalmol 13 (1981) 453
2. Mühlendyck H. et al. Abnormal retractions syndrome... In Kaufmann H. ed. Transactions 19th Meeting European Strabismological Ass. Crete, (1991) 169-173 (Hier steht die Sache mit dem musculus retraktor bulbi
3. Rena A. Elektrommyographische Untersuchungen bei Stilling-Duane-Syndrom. Ber Dtsch Opththalmol Ges 78 (1981) 827

Dieser Text wurde mir als Hinweis weitergegeben.

Viele Grüsse

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers kerstinb
Verbunden: 19. Januar 2004 - 0:00

Hallo Agnes Maria,

ein divergentes Retraktionssyndrom ist meines Wissens ein Retraktionssyndrom vom Typ II.

Viele Grüße

Kerstin

Bild des Benutzers AgnesMaria
Verbunden: 31. März 2006 - 0:00

kerstinb schrieb

Hallo Agnes Maria,

ein divergentes Retraktionssyndrom ist meines Wissens ein Retraktionssyndrom vom Typ II.

Viele Grüße

Kerstin

Das ist so korrekt.

Meine Frage war auch eher lächelnd gestellt, weil ich weiß, das die Einteilung von Retraktionssyndromen nicht in konvergent und divergent erfolgt sondern in Typ I. II. und III. Und laut ICD - 10 gibt es diese Diagnose als offizielle ebenfalls nicht. Das sind so kleine Spitzbübigkeiten die ich mir erlaube.

Aber darum ging es mir eigentlich gar nicht.

Zu der Literatursuche die Herr/Frau Anonymus eingeleitet haben Die Recherche war nicht ganz einfach, denn obwohl Maruo in einer Zeitschrift schrieb die Medlineindiziert ist war bei Pubmed von ihm darüber nichts zu finden. Das ist schon eigenartig. Aber die ZBM hilft hier weiter. Rena bekommt man über Göttingen. Den Bericht der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft werde ich demnächst sicher auch in meinen Händen halten, nur Mühlendycks Beitrag war nicht zu bekommen. Ich setze alle meine Hoffnung in das Berliner Staatsarchiv, denke mir aber, es wird nicht viel anderes drinstehen als sein Zubeitrag zum Strabismus von Kaufmann jetzt schon enthält.

Wenn man http://www4.ncbi.nlm.nih.gov/PubMed/ retraction syndrome eingibt bekommt man über 400 Artikel gelistet, bei divergent retraction syndrome nur zwei wobei nur einer aus dem Jahr 1999 relevant ist.

Wirklich sehr viel Literatur zum divergenten Retraktionssyndrom.

Das wirklich dumme ist, dass es sich nicht um ein Retraktionssyndrom handelt, schon gar nicht um ein divergentes.

Man ging rein von der Motilität aus, also von einem Retraktionssyndrom vom Typ _I_, nur ohne Retraktion und schrieb, da der objektiv gemessene Winkel dort in der Ferne 1 Grad divergent war und in der Nähe 24 Grad divergent, das es sich daher um ein divergentes Retraktionsyndrom handelt. Natürlich stand der Typ nicht als Diagnose da. Die Diagnose an sich ist nicht korrekt und der Befund ist erwartungsgemäß auch sehr konträr.

Der Bagolini war positiv, die Konvergenz gut, der Titmus 1200''. Kopfzwangshaltung war dort binokular nicht nachweisbar. Monokular rechts entsprechend einer Abducensparese links, bei Abduktion stand das linke Auge 20 Grad konvergent, bei Adduktion 10 Grad divergent, keine Retraktion.

Das ist an sich sehr peinlich.

Ich weiß was es ist.

Ein EMG würde eine paradoxe Innervation nicht nachweisen und ein Orbita MRT zeigte links einen verdünnen M. lateralis und einen normalen M. medialis.

Die manuelle Motilitätsprüfung mit Pinzette am Augapfel zeigt keine großen Einschränkungen.

Also? Was ist das?

Das ist jetzt mit Lachfältchen am Auge geschrieben. Ein divergentes Retraktionssyndrom?

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant

Bild des Benutzers sentapaula
Verbunden: 9. Juli 2006 - 11:50

Guten Morgen,

hoffentlich hat noch niemand den Originaltext gelesen, denn der war an dieser Stelle völlig falsch und hatte mit dem Thema nichts zu tun, er ist nun unter dem Beitrag,

sollich, soll ich nicht

sorry,
Jörg

Bild des Benutzers Wodka
Verbunden: 24. Januar 2013 - 21:19

Guten Tag,

 

bei meiner Suche bin ich auf diesen Thread gestoßen. Da mir als Kind die "allgemeine Diagnose" Augenmuskellähmung mitgegeben wurde, dachte ich eine Zeit lang, es handle sich bei mir um eine Abduzens Parese. Durch eigene Recherche bin ich dann auf das Reatraktionssyndrom nach Stilling-Türk Typ 3 gekommen. Ich habe im Internet auch ein Video eines Experten (?) gefunden, der ein kleines Kind mit diesem Leiden operiert hat (lassen).

 

Nun habe ich nach Monaten des Wartens in dieser Woche endlich einen Termin in einer Uniklinik und möchte mich vorbereiten.

 

Ich möchte mich untersuchen lassen und im Gespräch darauf zu sprechen kommen, dass man einerseits das geringe Innenschielen im Geradeausblick, dass auf Distanz größer ist/wirkt (Fernschielwinkel?), auf ein Minimum reduziert und andererseits möchte ich das "Upshoot-Phänomen" korrigieren. Damit meine ich, dass mein linkes Augen nach oben abrutscht, wenn ich mit dem rechten Auge nach außen möchte. Dieser Effekt ist so stark, dass mein linkes Auge in dieser Schielstellung nahezu gar nicht mehr zu sehen ist. Für mich ist dieses Retraktionssyndrom seit Kindheit sozial eine riesige Belastung, die man sich gar nicht vorstellen kann - mittlerweile auch gesundheitlich.

 

Meine Sorge beruht darauf, dass ich, wie vor einigen Jahren bei einem Augenarzttermin, recht schnell mit dem Hinweis entlassen werde, es sei nur eine kosmetische Behinderung, bei der man nichts machen könne. Kann ich bei dem  Termin darauf bestehen, dass ich recht bald operiert werde? Soll ich eine bestimmte Untersuchung fordern?

 

Antworten würden mich freuen!

 

LG

Wodk