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Bild des Benutzers Lorrie
Verbunden: 19. Dezember 2022 - 21:43
Innenschielen Kleinkind, abwarten ok? Konvergenzexess?

Hallo zusammen,

ich bin über meine Recherchen hier im Forum gelandet und wäre sehr dankbar, wenn mir jemand etwas zu dem Befund meiner Tochter sagen kann. Sie ist 3 Jahre und 4 Monate und wir haben vor einigen Wochen festgestellt, dass Sie insbesondere mit dem linken Auge (selten auch mit dem rechten Auge) stark nach innen schielt, wenn Sie Dinge im Nahbereich betrachtet (z.B. beim Basteln usw.). Daraufhin haben wir einen Termin in einer Sehschule ausgemacht. Mein Mann war dann letzte Woche mit unserer Tochter dort bei der Orthoptistin und beim Augenarzt. Leider kann ich mit dem Befund trotz meiner Recherchen nicht sehr viel anfangen.

Die Sehschärfe ist laut Aussage altersgerecht, weshalb keine Brille verschrieben wurde. Es wurde insgesamt festgehalten, dass keine genaue Ursache für das Schielen feststellbar ist und wir daher weiter beobachten sollen und nach drei Monaten erneut kommen mögen. Allerdings liest man überall, wie wichtig frühes Handeln bei Schiel-Kindern ist... Deshalb frage ich mich, ob es gut ist, wenn nun noch gewartet wird...?! 

Dies war der Befund beim Arzt:

V1 R.: S=+ 0,50 Z= -1,00* 98 / plus op

V1 L. S=+ 0,75 Z= -1,25* 87 /plus op

V1 R.: S=+ 0.25 Z=-1,00*112 / rm cskia

V1 L.S= + 0,00 Z=-1,25* 82  /rm cskia

S bds ae

F Fd 'My' R/L: Pap. o.B., Mak. a.e., Gef. a.e., NH Anlage 

B V sc  F: RA 0,32    LA 0,4     LEA

B CT: N kleiner man. conv. Winkel R>L, alterniert, fixiert schlecht, in Mydraiasis immer wieder SCS bis + 30^

Mot: R/L grob frei       Lang I: neg

Rohskia in Mydr.: Flackerpunkt, keine Hyperopie

D Esotropie (H50. OG); Ausschluss Fundusveränderungen (H33.5A)

O myskia, kein Brillenbedarf, Okkl. im Verlauf (jetzt steht Führungsauge noch nicht fest und Visus noch zu unzuverlässig), Eltern sollen Führungsverhalten weiter beobachten, 

W 3 mo ss

Kann mir den Befund jemand für "Laien" grob erklären?

Ist es richtig hier zunächst abzuwarten? Ich habe an anderer Stelle hier im Forum gelesen, dass eine Brille bei Schielen immer zur Vollkorrektur der Sehstärke angebracht ist, auch wenn die Stärke altersgerecht ist. Würde das dann auch hier gelten? Deutet das Innenschielen ggf. auf einen Konvergenzexess hin, oder ist das etwas anderes? Kann mir vielleicht auch noch jemand sagen, ob in dem Befund etwas über das räumliche Sehen steht, oder wurde das hier nicht untersucht?

Entschuldigung für die vielen Fragen, aber ich kenne mich leider gar nicht aus und mache mir wirklich viele Gedanken, ob das Schielen meiner Tochter ggf. wieder weggehen kann und vorallem ob ihr Sehvermögen langfristig gut sein wird.

Über eine Rückmeldung würde ich mich wirklich sehr freuen. Vielen Dank vorab!!!!

 

 

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Leider hast Du bisher keine Antwort erhalten.

Was ergab der zweite Augenarztbesuch bei Deiner Tochter?

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers Lorrie
Verbunden: 19. Dezember 2022 - 21:43

Guten Tag Herr Mosch,

danke für Ihre Rückfrage. Beim zweiten Augenarztbesuch unserer Tochter Lotta stellte sich heraus, dass Ihr linkes (hauptsächliches) Schielauge nur noch 50% Sehkraft hatte. Das rechte Auge hatte eine gemessene Sehkraft von 80%. Es wurde zudem eine sehr leichte Hornhautverkrümmung festgestellt, aber keine Kurz- bzw. Weitsichtigkeit. Daraufhin sollten wir das rechte Auge drei Monate 2 Stunden täglich abkleben. Dies haben wir gemacht. Das Innenschielen im Nahbereich (vorwiegend links) blieb unverändert. Nachdem wir drei/vier Monate geklebt hatten, waren wir nun kürzlich wieder bei der Orthoptistin.

Ergebnis nach 3 Monaten Abkleben: Nun hatte sich das rechte (abgeklebte) Auge von 80% auf 40% Sehkraft verschlechtert. Links ist es bei 50% geblieben. Ich habe manchmal ehrlich gesagt Zweifel, ob die Messungen so zutreffend sind, weil die Angaben einer 4Jährigen natürlich auch immer von der Tagesform abhängen. 

Wir haben nun eine Bifokalbrille verordnet bekommen. Diese hat für die Ferne keine Dioptrin und im Nahbereich +2. Zudem soll die Hirnhautverkrümmung korrigiert werden. Die Brille holen wir nächste Woche beim Optiker ab. Halten Sie dies für eine guten Weg?

Der Lang-Test wurde durch meine Tochter nicht bestanden. Wenn Sie normal schaut, kann man das Schielen nicht sehen und auch nicht in die Ferne. Ist denn vermutlich immer ein Auge ausgeschaltet, wenn sie sieht, oder ist es auch möglich, dass Lotta bei normalem Blick in die Ferne räumlich sehen kann? Das Schielen sieht man optisch vorwiegend beim nahen Sehen. Ist Abkleben für Lotta die richtige Therapie, wenn sich dadurch das "gute" Auge so drastisch verschlechtert hat?

Ich würde mich über eine kurze Rückmeldung sehr freuen.

Beste Grüße 

 

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo Lorrie,

ganz herzlichen Dank, dass Du Dich wieder hier gemeldet hast.

Es kann nicht gefallen, dass trotz der refraktive gefundenen Werte mit beiden Messverfahren (plus optix; sowie mit rm cskia das 1. ist ein automatisches Skiaskope für Kleinkinder, das 2. eine händisch durchgeführte Skiaskopie), beide zeigen relative übereinstimmende Werte für die Ferne auf:

R: sph +0.50 (+0,25) = Cyl -1,00 A 98° (-1,00 A 112°)

L: sph +0.75 (+0,00) = Cyl -1,25 A 87° (-1,25 A 82°) in der Brillenanfertigung keine Berücksichtigung fanden. Warum wurde nicht neu vermessen und nicht deutlich sauberer vermessen und verordnet? Eine vier Jahre alte Tochter kann übrigens durchaus schon subjektive gemessen werden an geeigneten Optotypen (Sehzeichen). Die Roh visus Angaben  (nach LEA) zeigen gute Teste auf, die in dem Alter zur Augenglasbestimmung nutzbar wären.

Das der Visus nun rechts auf 40% abgesunken ist, kann auch einen anfangs zu hoch empfundenen Wert darstellen, denn der Visus von einer dpt. Zylinder dürfte eher unter 80% Visus liegen (zumal bei einer drei-jährigen). In jedem Fall wurde beim Abkleben eine falsche Strategie gewählt, sodass das rechte Auge völlig abgeschmiert ist. Warum mit der geplanten oder schon durchgeführten Bifokalbrillenversorgung keine refraktive Fernkorrektion eingebaut wurde, verschließt sich meiner Optikerseele völlig. Denn die gefundenen refraktiven Werte sollten eine Sehverbesserung von bis zu 40% bewirken. Dann wäre der Visus doch schon ganz passabel, oder?

Natürlich verschließt sich mir weiter, warum man einem vierjähiigen Kind nicht eine sauber ermittelte prismatische Korrektionsbrille anpasst. In diesem Alter kann man das ganz sicher tun. Ein gefundener Wert von 30 Prismen in Mydriasis (getropft) ist ganz sicher nicht gut brauchbar, zeigt aber ein notvolles Ergebnis im Binokularstatus auf.

Die Angaben einer Vierjährigen sind ganz sicher gut brauchbar, wenn kindgerecht gefragt und mit Erfahrung gehandelt wird.

Hier würde ich mich freuen, wenn sie mich einmal tel. oder per mail kontakten. Es gäbe einiges zu besprechen, was ich zunächst nicht über das Forum öffentlich tun möchte. Ich sichere Ihnen zu, dass meine Beratung unentgeltlich bleibt und nur als eine Entscheidungshilfe weiter gegeben wird. Sie als Eltern bzw. Mutter sind für die weitere Entwicklung im Sehen Ihrer Tochter letztlich verantwortlich. Dazu möchte ich Ihnen gerne einige Informationen weitergeben. Dies kann ich aber nicht tun, wenn Sie nicht selbst die Initiative ergreifen. Denn Sie müssen wissen, dass sie sich in einer medizinischen Behandlung befinden, in die ein Nichtarzt kein Recht hat einzugreifen. Ich kann deshalb Ihnen nur zuhören, und evtl. Ihnen auf Wunsch Vorschläge geben, die Ihnen bzw. Ihrer Tochter aus unserer Sicht aussichtsreichere Hilfe eröffnen.

Ich weise immer darauf hin, dass jedes Abkleben in der Prägungsphase eines Kindes, einäugig gesehene Verschaltungen in der Sehbahnung des Gehirns (in den Synapsenverschaltungen) favorisieren lernen und wie hier scheinbar geschehen, dazu führen können, dass das abgedeckte Auge stärker amblyope (schwachsichtig) wird, während der Erfolg des stabilisierens vom sehschwachen Auge unterbleiben kann, warum auch immer.

Ich werfe der Augenheilkunde vor (es scheint so - wie hier offensichtlich passiert) dass man einer unklaren Schielproblematik nur mit die Binokularität zersetzenden Massnahmen entgegentritt. Dies ist heute nicht mehr als optimaler Standart zu sehen, aber durchaus immer noch der gebräuchlichste Weg. Die daraus erwachsenden Schwierigkeiten sind hier im Forum vielfach nachlesbar!

Meine e-mail Adresse: mosch.pg@gmail.com

Wenn Sie mir Ihre Telefon-Nr. mitteilen und ein Zeitfenster Ihrer Erreichbarkeit, rufe ich Sie gerne zurück.

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)