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In meinem letzten opti-school Newsletter habe ich die Idee aufgegriffen, dass wir uns als MKH-Anwender ethische Richtlinien aufstellen könnten. Und dies möchte ich hier zur öffentlichen/ geschützten Diskussion stellen.

Hintergrund ist das Bild in der Öffentlichkeit, das sicher stark von den Aussagen des BVA beeinflusst ist. Wir werden von Pädagogen, Therapeuten, Psychiatern als Augenoptiker, die sich mit Winkelfehlsichtigkeit beschäftigen, manchmal als nicht ganz seriös warhgenommen.

Um diesem Zerrbild entgegen zu wirken, wäre es aus meiner Sicht von Vorteil, wir würden unsere Arbeit nicht nur nach fachlichen sondern auch nach ethischen Gesichtspunkten ausrichten.

Einige Empfehlungen sind ja bereits in den IVBV Richtlinien enthalten und könnten noch ergänzt werden.
Zum Beispiel das angepasste Vorgehen bei Nachbetreuungen
Neue Gläser nur dann zu empfehlen, wenn die MKH-Prismen bereits geholfen hatten, dann aber wieder die alten Sehprobleme auftreten.
Oder dass manchmal der Anschein erweckt werde, als würden alle Probleme ausschließlich an einer WF liegen.

Dies nur als erste Anregung, auf Beiträge freue ich mich

Bild des Benutzers Eberhard Luckas

Hallo Volkhard,

meine Regeln

1. Ich gebe Prismen nur dann, wenn Sehverbesserungen eintreten
2. Nur neue Gläser, wenn die vorherige Korrektion Verbesserungen des Beschwerdebildes brachten.
3. Keine Prismengabe bei extrem hohen Anfangswerten, dann erst ärztliche Abklärung.

Es sind sicher noch andere Möglichkeiten der ethischen Einschränkung da.

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers Kerstin Harms

Wie geht ihr mit den Betroffenen um, wenn die Prismen steigen und steigen? Es ist für uns Betroffene irgendwann ziemlich frustrierend Toll mit den neuen Gläsern, dann kommen die Beschwerden wieder, neue Gläser werden fällig und so weiter und so weiter. Da kommt man an den Punkt, wo man das Ganze hinterfragt. Dann kommen die Augenärzte und Orthoptistinnen wieder auf den Plan, die predigen Prismen treiben die Augen ins Schielen, es werden immer mehr und dann muss man operiert werden. Als uninformierter Betroffener weiß man dann gar nicht mehr, wem man glauben soll. Hier ist der Punkt, wo ich mit meinen Ratsuchenden die meisten Diskussionen zu führen habe, das Ganze irgendwann auch frustrierend werden kann.

Das Schwierige Es ist bei jedem anders, man kann nichts vorhersagen - auch das die klassische Frage eines jeden Prismenneulings Wie viele Nachkorrektionen brauche ich, wo ist mein Endwert?

Obendrein Wenn gleich mehrere Familienmitglieder betroffen sind, kann der Punkt kommen, wo man finanziell die Segel streichen muss (

Ich finde es z. B. wichtig, von Anfang an zu sagen, dass es mehrere Nachkorrektionen geben kann.

@ Eberhard Wo ist für Dich die Grenze zu einem hohen Einstiegswert? Unterscheidest Du da bei Kindern und Erwachsenen?

Viele Grüße
Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!

Bild des Benutzers Eberhard Luckas

Hallo Kerstin,

ein hoher Einstiegswert ist für mich sehr individuell. Es kommt darauf an, wie schnell sich ein starker Muskeltonus gelöst hat. Das sind bei dem Einen über 8 cm/m bei dem anderen 14-15 cm/m. Während der MKH gibt es immer wieder Zeichen, die den Untersucher veranlassen, mit der endgültigen Korrektion vorsichtig zu sein.

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers Kerstin Harms

Lieber Eberhard,

welches sind diese Zeichen? Kannst Du die grob umreißen, ohne hier den Rahmen zu sprengen?

Was heißt Es kommt darauf an, wie schnell sich ein Muskeltonus gelöst hat? Das würde man doch erst bei der zweiten Messung sehen, oder? Je früher diese also fällig wird, weil Brille nicht mehr verträglich, desto eher kann man auf hohe Folgewerte tippen?

Das kann man aber doch auch nicht immer sagen. Es gibt Leute, die tragen 5 Jahre lang unverändert ihre zwar nicht ganz geringen Erstwerte, und dann geht es plötzlich bergauf, bergauf und bergauf (ich kenne da so eine.....).

LG
Kerstin

Egal was du tust, tu es mit Leidenschaft und Hingabe!

Bild des Benutzers Eberhard Luckas

Hallo Kerstin,

die Zeichen kann ich Dir nicht umreißen, das bringt nur die Erfahrung mit, es hat auch mit den Reaktionen des Betroffenen zu tun, verbal und mimisch.

Wenn ich lange Zeit am Kreuz messe, mit immer steigenden Werten, ist das ein schnll lösender Muskeltonus.

Messe ich am Kreuz z. B. 3cm/m und anschließend an den sensorischen Testen mehr als eigentlich möglich, löst sich der Muskeltonus schon langsamer.

Kommt erst bei den Stereotesten oder sogar im Rücklauf eine deutliche Erhöhung raus, ist es ein Muskeltonus, der sich nur schwer löst.

Sicher sieht man meist erst bei der 2. Messung eine starke Erhöhung, aber es geht ja hier grundsätzlich darum, wie verfahre ich nach der Erstmessung.

Der 2. Punkt meiner Liste betrifft diejenigen, die schon Prismen haben. Natürlich ist es auch hier so, daß ich bei zu hohen neuen Werten erst auf augenärztliche Untersuchung der WF bestehe.

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers Eberhard Luckas

Hallo Volkhard,

meine "Liste" stelle ich mit Erweiterung noch mal rein

meine Regeln
1. Untersuchung auf WF nur nach vorheriger augenärztlicher Untersuchung, die möglichst nicht länger als 6 Monate zurückliegt, mindestens (bei Erwachsenen) 1 Jahr.
2. Ich gebe Prismen nur dann, wenn Sehverbesserungen eintreten
3. Nur neue Gläser, wenn die vorherige Korrektion Verbesserungen des Beschwerdebildes brachten.
4. Keine Prismengabe bei extrem hohen Anfangswerten, dann erst ärztliche Abklärung.

Vielleicht hat der Eine oder Andere noch mehr Punkte?

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers Eberhard Luckas

Hallo Volkhardt,

hast Du schon irgendeine Liste zusammen? Hat sich noch jemand mit anderen Punkten gemeldet?

Viele Grüße

Eberhard

Bild des Benutzers Georg Scheuerer

Ich fände so eine Liste ganz gut - ein möglicher Punkt wäre auch

- falls eine Ametropie vorliegt, erstmal diese korrigieren! Wenn das die Beschwerden lindert ist meist keine Prismenbrille bzw. sonstige Maßnahmen nötig.

viele Grüße
Georg

Bild des Benutzers AgnesMaria

Georg Scheuerer schrieb

Ich fände so eine Liste ganz gut - ein möglicher Punkt wäre auch

- falls eine Ametropie vorliegt, erstmal diese korrigieren! Wenn das die Beschwerden lindert ist meist keine Prismenbrille bzw. sonstige Maßnahmen nötig.

viele Grüße
Georg

Ich anworte mal auf Sie, Herr Scheuerer,

denn Sie haben in Ihrem Bereich auch die Erfahrungen machen müssen, das Koryphäen der MKH falsche Brillen abgeben.

Ich hatte das selber in den letzten Wochen speziell nur von dem einem dreimal. Aus einem Bereich aus Bayern. Aus der Nähe kommt das noch häufiger vor. Da werden Brown-Syndrome dekompensiert, Hyperope Erwachsen mit +2,75 Kurzsichtig gemacht und gleich mal eine Gleitsicht abgegeben, Trigeminusneuralgien mit Prismen versorgt und dann auch noch die total verkehrte Basislage. Statt Basis außen, Basis innen. Damit sah der Patient in der Ferne doppelt. Von anderen Strabismusarten und dekompensierten Mikrotropien wollen wir gar nicht mal reden. Trochlearisparesen mit Visualtraining "trainiert" und das für Jahre mit enormen Kosten für die Eltern, was völlig zwecklos war. Auch Strabismen werden so "behandelt" alles durch MKH-Anwender.

Im September bekomme ich wieder so ein "faules Ei" zur Diagnostik. Da hat auch ein MKH- Spezi (es war derselbe wie oben erwähnt) Prismenbrille bei Mikrostrabismus abgegeben. In Berlin operiert und seit dem ist das Leben dieses Patienten eine "Hölle" nach seinen persönliche Worten.

Kein Wunder, das der BVA, nicht nur wegen Prof. Kommerell, sondern durch solche täglichen Erfahrungen, so negativ auf MKH reagiert.

Ich begrüße eine ethische Richtlinie außerordentlich. So was wie eine freiwillige Selbstverpflichtung, wenn irgend etwas auch nur nach Strabismus aussieht, mit einem Augenarzt der sich damit auskennt, zusammenzuarbeiten. Das wäre mir persönlich wichtig.

LG

A.M.

In allen Grenzen ist auch etwas Positives.

 

Immanuel Kant

Bild des Benutzers Daniel Briem

Eberhard Luckas schrieb

2. Ich gebe Prismen nur dann, wenn Sehverbesserungen eintreten

Hallo,

"Sehverbesserungen" finde ich etwas arg schwammig. Rein objektiv meßbare Sehverbesserungen bringen dem Betroffen oft wenig bis nichts.

Deshalb

Prismenprüfung bei eindeutigen subjektiven Beschwerden. Prismenkorrektion bei zu erwartender Minderung besagter Beschwerden.

Schließlich sollen Prismen in erster Linie die Lebensqualität des Betroffenen verbessern - nicht die des Verordnenden.

MfG
db